Jugendmedizinkongress

Leitlinien werden zu selten überarbeitet!

Leitlinien werden zu selten überarbeitet und berücksichtigen kaum Begleitfaktoren, kritisierte ein Experte auf dem bundesweiten Jugendmedizinkongress.

Veröffentlicht:

WEIMAR. Medizinische Leitlinien werden nach Ansicht von Dr. Uwe Büsching zu stark vom organischen und rein schulmedizinischen Verständnis beherrscht.

Dies sagte der wissenschaftlicher Leiter des 22. bundesweiten Jugendmedizinkongresses in Weimar, der vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) ausgerichtet wurde.

Die geltenden Leitlinien berücksichtigten zu wenige psychologische Faktoren sowie Umfeldbedingungen, die aber gerade für Hausärzte in der Praxis eine große Rolle spielen.

So fehlten bei der derzeit aktuellen Version der Nationalen Versorgungsleitlinie Asthma psychologische und emotionale Faktoren, obwohl diese seit 15 Jahren als versorgungsrelevant angesehen werden.

In der S3 Leitlinie zu Morbus Crohn aus dem Jahr 2014 heißt es lediglich lapidar, dass psychische Störungen eine Auswirkung auf die Lebensqualität haben können und nicht ursächlich für die Entstehung von Morbus Crohn verantwortlich sind.

Nicht auf aktuellem Wissensstand

Haus- und Kinderärzte in der Praxis würden indes häufig andere Informationen benötigen, da "psychosoziale Problemkonstellationen das "Leben eines chronisch kranken Jugendlichen oder Adoleszenten" doch erheblich - bis hin zu Psychotraumatisierungen - verändern können.

Problematisch sei es zudem, dass Leitlinien häufig nicht mehr dem ganz aktuellen Stand des Wissens entsprechen. Dem hohen Anspruch, diese alle fünf Jahre zu aktualisieren, könne nicht immer nachgekommen werden bedauerte Dr. Burkhard, Lawrenz, Leitlinienbeauftragter des BVKJ. So sei manche Leitlinie bereits zehn Jahre lang nicht mehr vollständig aktualisiert worden.

Allerdings würden dann mitunter zwischendurch Stellungnahmen abgegeben, wie zum Beispiel bei der S 3 Leitlinie zu Adipositas im Kindes- und Jugendalter aus dem Jahr 2009, für die erst Ende 2016 eine aktualisierte Fassung vorliegen soll.

So ist die Leitlinie nach Darstellung von Professor Martin Wabitsch von der Adipositasambulanz der Universität Ulm zwischendurch mit der Stellungnahme "Bariatrisch chirurgische Maßnahmen bei Jugendlicher mit extremer Adipositas" ergänzt worden.

Aufforderung zum Delphi-Verfahren

Auch die Länge insbesondere der Langfassungen von Leitlinien mit häufig über 200 Seiten Umfang stoße bei vielen niedergelassenen Ärzten auf Ablehnung. Allerdings räumte Lawrenz in Weimar ein, dass es zumeist genüge, sich die Empfehlungen am Ende genau anzuschauen, weil darin sämtliche relevanten Erkenntnisse der gesamten Leitlinie einfließen.

Die ambulant tätigen Ärzte forderte der Leitlinien-Beauftragte des BVKJ in Weimar dazu auf, sich an den Delphi-Verfahren und Konsensuskonferenzen bei der Entstehung von Leitlinien zu beteiligen.

Das Delphi-Verfahren umfasst mehrere schriftliche Befragungsrunden, bei der nach jeder Runde die Ergebnisse allen Befragten schriftlich vorgelegt werden. Lawrenz: "Da wird man auch als Niedergelassener mit seiner Kompetenz ernstgenommen."

BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach stellte abschließend klar, dass Leitlinien lediglich "Orientierungshilfen" seien, von denen etwa bei Multimorbidität oder Begleiterkrankungen abgewichen werden kann und muss. (ras)

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