Corona-Kabinett
Lockerungen in der Corona-Pandemie stehen unter Beobachtung
Die auf 1,13 gestiegene Reproduktionszahl hat im Corona-Kabinett keine Schockwellen ausgelöst. Darauf haben Regierungssprecher am Montag verwiesen.
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Regierungssprecher Steffen Seibert, wies Vorwürfe, die Bundesregierung nehme Corona-Infektionen in den Massenunterkünften der Schlachtbetriebe bewusst in Kauf, deutlich zurück.
© Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
Berlin. Die auf 1,13 gestiegene Reproduktionszahl hat im Corona-Kabinett keine Schockwellen ausgelöst. Darauf haben Regierungssprecher am Montag verwiesen. Die Lockerungen der Alltagsbeschränkungen griffen mit Beginn dieser Woche, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums Hanno Kautz.
Der Anstieg der R-Zahl habe davor gelegen. Daraus zu schließen, es stehe ein unkontrollierter Ausbruch bevor, lasse sich also nicht. Zudem sei der R-Wert nur einer unter vielen.
Auch das Robert Koch-Institut (RKI) betonte, der Wiederanstieg der Reproduktionszahl über die kritische Marke von 1 erlaube noch keine weitergehenden Schlussfolgerungen zum Infektionsgeschehen in Deutschland.
Es könne „weiterhin noch nicht bewertet werden, ob sich der während der letzten Wochen sinkende Trend der Neuinfektionen weiter fortsetzt oder es zu einem Wiederanstieg der Fallzahlen kommt“, schreibt das Institut in seinem aktuellen Situationsbericht (Stand Sonntag 0.00 Uhr). Demzufolge wird R nun auf 1,13 geschätzt. Das RKI verwies auf statistische Schwankungen, die durch die insgesamt niedrigeren Zahlen verstärkt würden.
Noch vergangene Woche hatte das RKI den R-Wert auf unter 1 geschätzt, im Bericht vom Freitag auf 0,83. In der Samstagsausgabe stieg er dann auf 1,1. Bei dem Wert gibt das Institut immer auch eine Schwankungsbreite an. Der Anstieg des Wertes mache es erforderlich, die Entwicklung in den nächsten Tagen „sehr aufmerksam zu beobachten“, hieß es.
Wochenende verzögert Meldungen
Die Zahl der neu ans RKI gemeldeten Corona-Fälle betrug laut aktuellem Situationsbericht 667 im Vergleich zum Vortag. Diese Zahl unterliegt aber starken Schwankungen – dabei spielt auch ein Meldeverzug am Wochenende eine Rolle.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in einer Telefonschalte des CDU-Präsidiums am Vormittag darauf hingewiesen, dass man erst in zwei bis drei Wochen wissen werde, wie sich die ab Montag geltenden Lockerungen in den Infektionszahlen niederschlügen.
50er-Obergrenze „sinnvoll“
Der Sprecher bestätigte, dass die Gesundheitsämter personell derzeit „nicht gut genug“, aufgestellt seien. Mit der aktuellen Gesetzgebung unterstütze die Bundesregierung die Gesundheitsämter auch bei der Personalgewinnung.
Die Ausweitung der Tests führe dazu, dass mehr Infektionsherde in Altenheimen und Massenunterkünften offenbar würden.
Klar einzugrenzende Ausbrüche seien jedoch von dem von Bund und Ländern beschlossenen Notfallmechanismus von 50 Infizierten je 100.000 Bewohnern in einem Landkreis ausgenommen.
Regierungssprecher Steffen Seibert nannte die Obergrenze „sinnvoll“. Sie markiere den Punkt, ab dem die Gesundheitsämter die Nachverfolgung der Infektionsketten nicht mehr stemmen könnten.
Seibert wies Vorwürfe, die Bundesregierung nehme Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus in den Massenunterkünften der Schlachtbetriebe bewusst in Kauf „auf das Schärfste zurück“. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums reichte den Schwarzen Peter weiter: Die Kontrollen der Einrichtungen seien Ländersache. (af mit dpa-Material)