Gemeinsamer Bundesausschuss

Mukoviszidose und Hämophilie B: Hoher Patientennutzen durch Arzneiinnovationen

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat Wirkstoffen einen erheblichen beziehungsweise beträchtlichen Zusatznutzen bescheinigt. Sie sind für Patienten mit Mukoviszidose und Hämophilie B relevant.

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Die Arzneimittelbewertung im G-BA ging für zwei Wirkstoff(-kombinationen) gut aus.

Die Arzneimittelbewertung im G-BA ging für zwei Wirkstoff(-kombinationen) gut aus.

© gba

Berlin. Einen erheblichen Zusatznutzen – das ist die höchste und nur selten vergebene Nutzenkategorie – hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag der neu zugelassenen Kombination von Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor zur Behandlung der Mukoviszidose bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren anerkannt. Einen beträchtlichen Zusatznutzen sah der G-BA außerdem für den Wirkstoff Conzizumab zur vorbeugenden Behandlung von Patienten mit bestimmten Formen der Hämophilie B.

Für Patienten mit einer Mukoviszidose, die mindestens eine Nicht-Klasse-I-Mutation, die keine F508del-Mutation und keine Gating-Mutation im FVTR-Gen aufweisen, gab es bis vor kurzem keine zugelassene Behandlungsoption. Mit der seit April 2025 in Deutschland verfügbaren Kombination der Wirkstoffe Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor plus Ivacaftor können diese Patienten nun ausgesprochen wirksam behandelt werden.

Besserer Gesundheitszustand, höhere Lebensqualität

Der Bundesausschuss differenzierte bei seiner Bewertung drei Patientengruppen: Am ausgeprägtesten war der Zusatznutzen – und zwar erheblich – bei erwachsenen Patienten ab 18 Jahren.

Aufgrund der ausgeprägten Verbesserung des Gesundheitszustandes ergaben sich auch signifikante Vorteile hinsichtlich der Lebensqualität: Vitalität, soziale Teilhabe und subjektive Einschätzung des eigenen Gesundheitszustandes. Dies betrifft insbesondere schwere pulmonale Exazerbationen und die Funktionstüchtigkeit des Atemsystems.

Für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren anerkannte der G-BA einen beträchtlichen Zusatznutzen, für die Gruppe der Kinder konnte das Ausmaß des Zusatznutzens aufgrund der Datenlage nicht bestimmt werden.

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Für die zugelassene Indikation der zystischen Fibrose bei Patienten, die mindestens eine Nicht-Klasse-I-Mutation, die mindestens eine Gating-Mutation und die keine F508del-Mutation ist, im CFTR-Gen aufweisen, hatte der Hersteller keine Studie vorgelegt, sodass der Bundesausschuss in diesem Anwendungsgebiet keinen Zusatznutzen sah.

Für Population fehlte Studie

Einen beträchtlichen Zusatznutzen anerkannte der G-BA für den neuen Wirkstoff Conzizumab zur Routineprophylaxe von Blutungen bei Patienten ab 12 Jahren mit Hämophilie B (angeborener Faktor-IX-Mangel) mit FIX-Hemmkörpern.

Trotz kleiner Patientenzahlen hatte der Hersteller in einer vergleichenden Studie Daten vorgelegt, die beträchtliche positive Effekte in Bezug auf die Blutungsfreiheit auch der Gelenke zeigte. Diese Vorteile waren allerdings nicht in der Bewertung dieses Wirkstoffs zur Routineprophylaxe bei Patienten mit Hämophilie A und einem angeborenen Faktor-VIII-Mangel sichtbar, da für diese Population keine Studie vorlag.

Strittig: Differenzierung von Patienten nach Alter

Umstritten war die Nutzenbewertungsentscheidung zum neuen Wirkstoff Trastuzumab deruxtecan zur Behandlung des inoperablen oder metastasierten HR-positiven, HER2-Low oder HER2-ultralow Mammakarzinoms bei Patientinnen, die mindestens eine endokrine Therapie in der metastasierten Situation erhalten haben.

Hier hatte der Bundesausschuss zwei Patientinnen-Gruppen differenziert: die Jüngeren unter 65 Jahren und die Älteren ab 65. Im Durchschnitt beider Patientinnen-Gruppen lag der Überlebensvorteil bei 3,3 Monaten, unter den Jüngeren bei 5 Monaten und bei den Älteren bei null Monaten.

Zusatznutzen auch bei Älteren?

Der GKV-Spitzenverband sah diese Unterschiede als relevant für die Bewertung an und plädierte dafür, einen Zusatznutzen für die Gruppe der älteren Patientinnen als nicht belegt anzusehen. Dem widersprachen die KBV und die Patientenvertretung mit dem Argument, die Altersgrenze von 65 Jahren sei eine etwas willkürliche Festlegung, und das kalendarische Alter weiche häufig vom biologischen Alter und dem durchschnittlichen Gesundheitszustand von Patienten ab.

Ferner wies die KBV darauf hin, dass – obwohl der Wirkstoff auch ohne anerkannten Zusatznutzen für ältere Patientinnen verordnungsfähig bleibe – Vertragsärzte einem erhöhten Risiko für Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Einzelfall ausgesetzt seien. Die Entscheidung, entsprechende Prüfungsanträge zu stellen, liege bei den einzelnen Kassen, der GKV-Spitzenverband habe darauf keinen Einfluss.

Im Ergebnis, so KBV und Patientenvertreter, könnten diese Umstände dazu führen, dass ältere Patientinnen von der Therapieoption ausgeschlossen werden. Mit der Stimme des unparteiischen Vorsitzenden Professor Josef Hecken votierte der G-BA für die Anerkennung eines geringen Zusatznutzens in beiden Gruppen.

Bewertung für zwei Orphan Drugs

Für die beiden Orphan Drugs Serplulimab zur Erstlinienbehandlung Erwachsener mit kleinzelligem Lungenkrebs in fortgeschrittenem Stadium und Tiratricol zur Behandlung der peripheren Thyreotoxikose bei Patienten ab der Geburt mit Mangel an Monocarboxylat-Transporter 8 (Allan-Herndon-Dudley-Syndrom) anerkannte der Bundesausschuss aufgrund der Studienlage einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen. (HL)

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