BVKJ-Chef:

"Ohne Impfung keine Kita"

Besonders bei Fragen der Aus- und Weiterbildung, der Bedarfsplanung und in puncto Impfen sehen Kinder- und Jugendärzte weiterhin dringenden politischen Handlungsbedarf.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Alltag für Pädiater: Immer auch den Impfstatus im Blick.

Alltag für Pädiater: Immer auch den Impfstatus im Blick.

© rogerphoto/stock.adobe.com

BERLIN. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hat die jüngsten Gesetzesinitiativen der Bundesregierung gewürdigt, weil dabei langjährige und längst überfällige Reformen in Gesetzesform gegossen worden sind. Allerdings gebe es weitere massive Versorgungsdefizite, die nun rasch angepackt werden müssten.

Darauf hat BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach beim 47. Kinder- und Jugend-Ärztetag in Berlin hingewiesen, der sich drei Tage lang mit dem Schwerpunktthema "Chronisch kranke Kinder/Jugendliche" beschäftigt hat. Mit den neuen Kinderfrüherkennungsuntersuchungen, dem Präventions- und dem Flexirentengesetz sowie den Frühen Hilfen seien manche der langjährigen Forderungen der Kinder- und Jugendärzte nun politisch aufgegriffen worden. Allerdings bestehe insbesondere bei Fragen der Aus- und Weiterbildung, der Bedarfsplanung und beim Kampf gegen die Impfmisere weiterhin dringender politischer Handlungsbedarf. Fischbach rückte in Berlin gestern zum Abschluss des Kinder- und Jugend-Ärztetags diese Forderungen des BVKJ in den Fokus:

» Angehende Mediziner sollten künftig im Studium als Vertiefungsangebot eines der Fächer der hausärztlichen Grundversorgung (Pädiatrie, Allgemeinmedizin, hausärztliche Innere Medizin) wählen können. Nur so könne sich der ärztliche Nachwuchs das erforderliche Wissen in der Primary Care aneignen.

» Analog zu den Konditionen in der Allgemeinmedizin ist eine bundeseinheitliche und verbindliche finanzielle Förderung der ambulanten Weiterbildung auch in der Pädiatrie "absolut vordringlich."

» Da ein Drittel der niedergelassenen Pädiater in den nächsten 5 bis 10 Jahren in Rente gehen, sei eine kleinräumige und regionalisierte Bedarfsplanung alternativlos. Die bisherige Bedarfsplanung sei "faktisch eine Niederlassungsbremse."

Besonders großen Handlungsbedarf sieht Fischbach beim Impfen, weil hier die Kinder- und Jugendärzte jahrelang "seitens der Politik nicht besonders ambitioniert unterstützt worden sind." Zwar begrüßte der BVKJ in Berlin die jüngste Initiative von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der die Pflicht zur Impfberatung verschärfen will. Da künftig die Kitas den Gesundheitsämtern melden sollen, wenn Eltern die Impfberatung vor der Aufnahme in eine Kindertageseinrichtung verweigern, könnten die Ämter dann viel gezielter auf die Impfverweigerer zugehen. Dies reicht dem BVKJ aber nicht aus. Fischbach forderte vor den 700 Teilnehmern, dass künftig jedes impffähige Kind vor Eintritt in eine Kita den Nachweis erbringen müsse, dass es STIKO-konform geimpft ist: "Ohne Impfung keine Kita und auch keine andere Bildungseinrichtung."

Doch auch Ärzte könnten sich nicht aus der Verantwortung stehlen, da "etliche ihre Mitglieder dem Impfen eine zu geringe Aufmerksamkeit schenken." Schließlich sei es auch an der Zeit, dass die Selbstverwaltung Impfhürden wie Fachgruppenbegrenzungen oder Altersgrenzen abschaffe.

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Kommentare
Peter Sturm 27.06.201721:43 Uhr

Impfpflicht?

Kein Kind muß in den Kindergarten gehen. Die Aufnahmebedingungen für den Kita-Besuch könnten ohne weiteres den altersentsprechend vollständigen Impfstatus fordern. Das wäre ohne weiteres zu befürworten und auch durchsetzbar. Auch bei Tagesmüttern, Sportclubs, Ferienlagern u.ä. wäre das möglich. Praktisch wird es an unserem Föderalismus vermutlich scheitern.
Beim Schulbesuch ist das etwas anders, denn wir haben eine Schulpflicht. Man kann also nur an die Eltern appellieren. An die Eltern der notorischen Impfgegner kommt man schwierig heran. Deren Kinder muß man in der Schule tolerieren in der Hoffnung, daß die Herdenimmunität ausreicht.

Helmtrud Harnack 27.06.201711:52 Uhr

STIKO-Empfehlung/Rchtlinien ein künftiges Gesetz?

Sollen mit dem Vorstoß des BVKJ die STIKO-Empfehlungen/Richtlinien über eine Hintertüre zu einem Gesetz erhoben werden?
Dann würde jegliche Beratung und auch Bescheinigung von Ärzten/Kinderärzten, die vor allem für Kinderimpfungen und Impfberatungen bei den Vorsorgeuntersuchungen wegfallen. In Kitas bräuchte dann nur noch der Impfpass überprüft werden, wenn überhaupt. Bei einem Gesetz bräuchte es keine Meldepflicht von Kitas an das Gesundheitsamt mehr.

Karlheinz Bayer 27.06.201707:30 Uhr

was heißt STIKO-konforme Impfung?


In den STIKO-Richtlinien steht keineswegs en Satz wie "alle Kinder müssen vor Eintritt in den Kindergarten geimpft sein".
Vielmehr steht dort auf Seite eins, daß man das Kind untersuchen soll, ob es akut erkrankt ist oder ob es Dauerkrankheiten aufweist.
Komplikationen bei vorausgegangenen Impfungen sollen erörtert werden. Danach erst soll eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.
Dies soll dazu führen, den Eltern die Entscheidung für oder gegen die Impfung zu ermöglichen. Erst dann kann geimpft werden.
Die Impfung muß dokumentiert werden.
Das Kind soll nach der Impfung beobachtet werden auf Impfreaktionen oder -komplikationen, und es werden Verhaltenshinweise gegeben für solche Fälle.
Wenn man, statt den STIKO-Richtlinen zu folgen einen Impfzwang einführt, kann man auch gleich die STIKO abschaffen.

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