Gebremste Impfkampagne

PEI spricht bei Nebenwirkungen nach AstraZeneca-Impfung von „Muster“

Sieben Mal häufiger als die Hintergrundinzidenz: Das PEI hat neue Details zu den neurologischen Komplikationen nach Corona-Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff vorgelegt. KBV-Vize Hofmeister hält derweil an der Einbindung der Praxen fest – ebenso wie Bayerns Ministerpräsident Söder.

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Im Visier der Behörden: ChAdOx1-S von AstraZeneca.

Im Visier der Behörden: ChAdOx1-S von AstraZeneca.

© Johan Nilsson/TT/picture alliance

Langen/Berlin/Amsterdam/München. Der vorläufige Stopp für den Corona-Impfstoff von AstraZeneca sorgt für Unruhe bei den niedergelassenen Ärzten.

Dadurch könne sich der Start flächendeckender Impfungen in den Arztpraxen verzögern, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Dr. Stephan Hofmeister am Dienstag im Interview mit der „Ärzte Zeitung“. Er plädierte dafür, den Impfstoff weiter einzusetzen, sollte die Nachprüfung positiv ausfallen. „Wir dürfen jetzt nichts kaputt reden.“

Die baldige Einbindung der Praxen in die Kampagne sei dringend geboten. Wenn Deutschland die anvisierten gut zwei Millionen Dosen pro Woche für die Impfzentren erhalte, kriegten die die nicht verimpft, prognostizierte der KBV-Vize. „Die schlimmste Katastrophe aber ist Impfstoff im Kühlschrank“, sagte Hofmeister.

Derweil hat das in Deutschland zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen am Dienstag weitere Details zu den Verdachtsfällen möglicher UAW veröffentlicht. Danach hat die Behörde bis Montag Kenntnis über sieben neurologische Komplikationen erhalten. Die Betroffenen waren zwischen 20 und 50 Jahren alt, sechs davon weiblich. Drei Personen waren gestorben.

Experten sehen Muster

Bei dem männlichen Betroffenen kam es zu einer Hirnblutung, bei den sechs Frauen zu einer Sinusvenenthrombose (cSVT). Allesamt gingen den Angaben zufolge mit einer Thrombozytopenie einher.

Das Alter der Betroffenen lässt darauf schließen, dass es sich um Angehöriger exponierter Gesundheitsberufe gehandelt haben könnte, wenngleich das PEI hierzu keine Angaben machte. Aufgetreten waren die Erkrankungen binnen vier bis 16 Tage nach der Impfung. Die Bundesoberbehörde sprach von einem „vergleichbaren Muster“.

Die Zahl der Fälle war laut PEI „statistisch signifikant höher“ als üblicherweise zu erwarten wäre, nämlich ein Fall in 14 Tagen. Zwei Fälle waren dem PEI erst am Montag bekanntgeworden, was die Änderung der Einschätzung gegenüber Freitag erklärt.

Alle Experten, darunter Hämostaseologen waren laut PEI „einstimmig der Meinung, dass hier ein Muster zu erkennen ist“ und ein Zusammenhang mit der AstraZeneca-Impfung „nicht unplausibel“ sei.

EMA will Donnerstag entscheiden

Auch Ulrich Weigeldt, Chef des Deutschen Hausärzteverbands, sprach nach dem Impfstoff von einer „weiteren Bremse für das ohnehin geringe Tempo beim Impfen in Deutschland“. Hinweisen auf Nebenwirkungen müsse zügig nachgegangen und alle vorliegenden Daten differenziert ausgewertet werden, sagte Weigeldt der „Ärzte Zeitung“ am Dienstag. „Impfen ist immer auch eine Vertrauensfrage.“

Der Impfstart in Hausarztpraxen sei auch deshalb „dringend geboten“, betonte Weigeldt. Dass in den Praxen problemlos geimpft werden könne, belegten Pilotprojekte in mehreren Bundesländern. In Baden-Württemberg etwa arbeiten 40 Praxen ausschließlich mit dem Impfstoff von BioNTech. „Das klappt einwandfrei.“

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Am Dienstag hat EMA-Direktorin Emer Cooke angekündigt, ihre Behörde werde am Donnerstag Ergebnisse der Prüfung des Vakzins von AstraZeneca verkünden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte, falls die Zulassungsbehörde EMA nach erneuter Prüfung den AstraZeneca-Impfstoff weiterhin empfehle, sollte die Impfung unmittelbar über Hausärzte geschehen.

Sie könnten individuell entscheiden und beraten, welche Patienten die Impfung zuerst brauchten. Für Mittwoch ist ein Treffen der Impfallianz angesetzt, in der die KV Bayerns vertreten ist. (af/hom/fst/nös)

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