Prävention stärken

Pflegeheime müssen Bewohner mehr unterstützen

Prävention wird in Heimen künftig eine größere Rolle spielen, sagen die privaten Krankenversicherer. Für die Einrichtungen sei das nicht nur eine große Herausforderung, sondern auch eine riesige Chance.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Tägliches Spazierengehen soll die Motorik älterer Menschen im Pflegeheim fördern. der Gang über den Gang kann zur ganzheitlichen Prävention in der Pflege zählen, heißt es beim PKV-Verband.

Tägliches Spazierengehen soll die Motorik älterer Menschen im Pflegeheim fördern. der Gang über den Gang kann zur ganzheitlichen Prävention in der Pflege zählen, heißt es beim PKV-Verband.

© Bernd Weißbrod/dpa

Berlin. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und die Vorgaben des Präventionsgesetzes erfordern eine inhaltliche Neuausrichtung der Pflege mit einem stärkeren Fokus auf die Prävention.

Die stationären Pflegeeinrichtungen sollten die Neu-Positionierung nicht als zusätzliche Belastung empfinden, sondern als Chance begreifen, findet Hans-Dieter Nölting, Geschäftsführer des IGES Instituts. Sie habe das Potenzial, die Attraktivität des Pflegeberufes zu steigern, sagte er auf einer hybriden Veranstaltung des Verbands der privaten Krankenversicherung (PKV) in Berlin.

Die notwendige Veränderung der Prozesse in den Heimen bedeute die Hinwendung zur personen-zentrierten Pflege. „Die Pflegekräfte können wieder vermehrt das machen, was sie in den Beruf gelockt hat“, sagte Nolting.

In den stationären Einrichtungen müssen Prävention und Gesundheitsförderung ein stärkeres Gewicht erhalten, erläuterte er. „Es geht darum, die Selbstständigkeit zu erhalten und zu fördern.“

Gefragt sei die Unterstützung der Pflegebedürftigen in den Bereichen Ernährung, Erhalt der körperlichen Alltagsaktivitäten, Nutzung der kognitiven Ressourcen, die Stärkung der psychosozialen Gesundheit und die Prävention von Gewalt.

Unterstützung durch Kassen und Versicherung nötig

Hier seien auch die gesetzlichen Pflegekassen und die privaten Pflegeversicherungen gefragt, sagte Nölting. „Sie sollen Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation und zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln sowie deren Umsetzung unterstützen.“

Der PKV-Verband erprobt zurzeit ein Programm zur Bewegungsförderung in Pflegeeinrichtungen. Bei PfleBeO (Pflegeeinrichtungen – Bewegungsfreundliche Organisationen) kooperiert er mit einer Reihe von Partnern, darunter die Universität Hamburg, die Forschungsgruppe Geriatrie Lübeck und das IGES Institut.

Ziel ist es, in den Heimen die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Pflegebedürftige mit eingeschränkter Mobilität oder mit kognitiven Beeinträchtigungen sich wieder mehr bewegen, erläuterte Stephan Riedl, Projektleiter Altersgesundheit im PKV-Verband. „Es geht auch darum, Reflektionsräume zu öffnen und die Bewegungsförderung in eingeschliffene Handlungsroutinen zu integrieren.“

Das PfleBeO-Team berate die Einrichtungen und greife dabei auf die vorhandenen Kompetenzen und das Know-how zurück, sagte Riedl. Das erhöhe die Akzeptanz. Klar sei, dass ein solcher Prozess Ressourcen in den Einrichtungen binde. „Das können wir nicht kleinreden.“

Präventionsprojekt ist noch in der Probephase

PfleBeO wird zurzeit in 20 Einrichtungen erprobt. Das Projekt läuft nach Angaben von Riedl bis Ende März 2023 und soll danach in die Fläche gebracht werden.

Die Heime müssten nicht erst vom Sinn der Prävention überzeugt werden, sagte Frank Schlerfer, Abteilungsleiter Prüfdienst der PKV. „Prävention ist tief in der Pflege verwurzelt.“

Aber Schlerfer sieht noch viel Verbesserungspotenzial. Die Herausforderung liegt für ihn darin, Präventionsmaßnahmen so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen entsprechen.

Bei den Qualitätsprüfungen in den Heimen spielt auch die Prävention eine Rolle, berichtete er. „Es ist Aufgabe des Prüfdienstes, strukturelle Defizite aufzuzeigen.“ So könnten die Prüfer die Einrichtungen dabei unterstützen, die Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass Raum für Prävention bleibt.

Präventionsangebote bekannter machen

Es sei ein Problem, dass die Heime Präventionsleistungen oft nicht abrechnen können. „Die Einrichtungen stecken viel in einen Bereich, der sie in ihrer Existenz nicht sichert“, betonte Schlerfer.

Die Vergütung der ganzheitlichen Prävention ist bislang nicht geklärt, kritisierte auch Dr. Timm Genett, Geschäftsführer Politik beim PKV-Verband. „Man sollte darüber nachdenken, wie man die richtigen Ansätze machen kann.“

Eine andere Herausforderung besteht für Genett darin, die Präventionsangebote bekannter zu machen und sie zu koordinieren. Dafür fehle bislang aber eine Strategie.

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