Suchtkranke Ärzte

So unterschiedlich gehen die KVen mit dem Problem um

Veröffentlicht:

Vier bis fünf Prozent aller Ärzte in Deutschland sind suchtkrank, schätzt Dr. Josef Mischo, Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Sucht und Drogen" der Bundesärztekammer. Das entspreche "etwa der Häufigkeit der Suchterkrankungen in der übrigen Bevölkerung".

Belastbare Erhebungen dazu gibt es jedoch nicht, betont er im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Weder zur Abhängigkeit von Ärzten noch zum riskanten Gebrauch spezieller Substanzen und schon gar nicht darüber, wie häufig Mediziner an nicht stoffgebundenen Süchten wie Glücksspiel-, Online- oder Mediensucht leiden.

Alkohol ist auch unter Ärzten die mit Abstand am häufigsten zur Abhängigkeit führende Droge. Den Anteil der Medikamentensucht unter Medizinern schätzen Experten ihres leichteren Zugangs wegen deutlich höher ein als in der Allgemeinbevölkerung.

Riskant seien hier vor allem Opiode, Benzodiazepine, Ketamin und das weltweit am häufigsten eingesetzte Narkosemittel Propofol. Außer Alkohol und Arzneistoffen sind auch illegale Drogen wie Cannabis zu nennen. Behandlungsfehler unter Substanzeinwirkung seien selten, heißt es in einer Mitteilung der BÄK, allerdings betont BÄK-Experte Mischo im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung", dass der Kammer zur Suchtproblematik von Ärzten sowie deren Auswirkungen keine repräsentative Zahlen vorliegen. Zwar habe der Vorstand der Bundesärztekammer "den Aufbau von Interventionsprogrammen der Landesärztekammern begleitet und einen Austausch untereinander befördert", so Mischo. Als Arbeitsgemeinschaft der Landesärztekammern habe man aber jenen gegenüber keinerlei Weisungsbefugnis, was einer Vereinheitlichung der Hilfsangebote entgegenstehe.

Die föderale Struktur führt dazu, dass zwar alle 17 Landesärztekammern in Deutschland einen Ansprechpartner für suchtkranke Kollegen – Psychiater, Psychotherapeuten, Suchtmediziner und fachfremde Ärzte – benennen, Betroffenen aber höchst unterschiedliche Hilfen anbieten. Einige Kammern haben spezielle Interventionsprogramme für Ärzte entwickelt, andere einen eigenen Suchtbeauftragten installiert, wieder andere belassen es bei einem Merkblatt oder verweisen auf die allgemeine Beratung.

Für Rehabilitationsmaßnahmen bei suchterkrankten Ärzten erfolgt in der Regel eine Kostenübernahme. Wie viele suchtkranke Ärzte die jeweiligen Angebote nutzen, wird nur von den einzelnen Kammern erfasst, bundesweite Statistiken dazu existieren nicht. Ebenso wenig herrscht Transparenz über deren Erfolgsquoten.

Die Landesärztekammern sind ihren Mitgliedern gegenüber nicht nur zur Fürsorge verpflichtet, sondern müssen gegebenenfalls auch sanktionierende Maßnahmen einleiten, etwa wenn ein Arzt unter Drogeneinfluss Patienten behandelt. Abgestufte Sanktionsmöglichkeiten reichen von der Rüge über den Verweis, die Entziehung des passiven Berufswahlrechts bis hin zu einer Geldbuße. Im schlimmsten Fall droht der Entzug der Approbation. Wie viele Ärzte davon betroffen sind, ist nicht bekannt. Mischa: "Verleihung wie auch Entzug der Approbation sind nicht Aufgabe der Kammern, sondern vielmehr der jeweiligen Approbationsbehörden der Länder."(smi)

Lesen Sie dazu auch: Interview: Alkohol, Cannabis und Co – wenn Ärzte süchtig werden

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Statistisches Bundesamt

Gender Pay Gap bleibt konstant

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Suchtmedizin: ein spannendes und vielfältiges Betätigungsfeld

© Springer Medizin Verlag GmbH

Suchtmedizin: ein spannendes und vielfältiges Betätigungsfeld

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Hexal AG, Holzkirchen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an