COVID-19-Pandemie

Spahn: Auffrischungsimpfungen verhindern neue Corona-Todesfälle in Heimen

Gesundheitsminister Jens Spahn verteidigt das Angebot zu Booster-Impfungen. Man könne nicht warten, bis die STIKO sich äußere. Einen Riss zwischen Wissenschaft und Politik sieht er nicht – im Gegenteil.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht: | aktualisiert:
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Professor Lothar Wieler rufen zur Impfung gegen COVID-19 auf.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Professor Lothar Wieler rufen zur Impfung gegen COVID-19 auf.

© Wolfgang Kumm/picture alliance

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat das Angebot für Drittimpfungen als vorsorgliche Maßnahme im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie verteidigt. Auffrischungsimpfungen seien mit Zulassung der Vakzine möglich. „Wenn wir warten, bis die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) vorliegt, haben wir in den Pflegeeinrichtungen wieder die ersten Todesfälle“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch.

Deswegen hätten Bund und Länder entschieden, die Drittimpfungen für Pflegebedürftige und vulnerable Personen anzubieten, ergänzte Spahn. „Wer will, kann diesen zusätzlichen Schutz für sich kriegen, wenn er ein besonderes Risiko hat. Die Politik handele „verantwortungsvoll“.

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Unterschied zwischen Zulassung und Empfehlung

Spahn reagierte damit auf Kritik von Ärzten, die Politik habe – wie schon bei der Impfung der 12- bis 17-Jährigen – voreilig und ohne Empfehlung der STIKO ein Angebot zu Booster-Impfungen aufgelegt. Erst kürzlich hatten Bund und Länder das Angebot auf alle ab 60-Jährigen ausgedehnt.

Spahn sagte, es gebe einen Unterschied zwischen der Frage, ob eine Impfung zugelassen und damit möglich sei oder ob sie empfohlen sei. „Das sind zwei verschiedene Dinge, die muss man in der Debatte auseinanderhalten, was nur gelegentlich gelingt.“ Es habe zwischen seinem Ministerium und der STIKO „nie“ einen Unterschied gegeben. Beide hätten in der Pandemie gut zusammengearbeitet.

An die Bundesbürger appellierte Spahn erneut, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen. Die Impfung sei zwar eine freie Entscheidung. „Das soll es auch bleiben.“ Aber es handele sich auch um eine Entscheidung, „die andere betrifft“. Aktuell erlebe man eine „Pandemie der Ungeimpften“.

Die Zahl der Inzidenz liege bei ungeimpften Personen bis zu 14 Mal höher als bei geimpften. Bis zu 95 Prozent der COVID-19-Patienten auf Intensivstationen hätten keinen Impfschutz. Die Zahl der Ungeimpften sei immer noch zu groß, warnte Spahn. Eine erneute starke Belastung des Gesundheitswesens lasse sich deshalb nicht ausschließen.

„Können uns zurück in Freiheit und Normalität impfen“

Zur Frage eines möglichen neuen Lockdowns sagte Spahn: „Wir haben das Mittel in der Hand, uns zurück in Freiheit und Normalität zu impfen.“ Dabei sei Deutschland schon ein gutes Stück vorangekommen. Drei von vier Bundesbürgern ab 12 Jahren hätten sich bereits impfen lassen. „Aber wir müssen eben noch einige, viele weitere überzeugen, diesen Weg mit uns zu gehen.“

Impfstoff sei ausreichend da. Es gehe nun darum, „einfache“ Impfgelegenheiten zu schaffen. Diesem Ziel diene auch die bundesweite Impfaktion, die kommende Woche laufe.

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Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI) Professor Lothar Wieler warnte, die vierte Welle könne sich im Herbst und Winter „fulminant entwickeln“. Das „mächtigste Werkzeug“ gegen COVID-19 seien Impfungen. Es gebe sehr wenige Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht immunisieren lassen könnten. Sie sollten sich noch einmal vom Arzt beraten lassen, empfahl Wieler.

Das Risiko, dass Geimpfte wegen COVID-19 ins Krankenhaus müssten, liege zehn Mal niedriger als bei Ungeimpften, so Wieler. Schätzungen des RKI gingen davon aus, dass zwischen Januar und Juli rund 77.000 Klinikaufenthalte und etwa 20.000 Fälle auf Intensivstationen sowie 38 Todesfälle durch Impfungen verhindert worden seien. Zudem seien 700.000 Infektionen vermieden worden.

FDP: Eine einzelne Aktionswoche reicht nicht

Kritik am Impfkurs der Bundesregierung übte die FDP. Eine einzelne Aktionswoche reiche bei Weitem nicht aus, um die Impfquote zu erhöhen, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, am Mittwoch. Impfstoff sei genug vorhanden.

Er müsse nun dauerhaft niedrigschwellig angeboten werden. „Mobile Impfteams sollten daher auf Dauer in den Fußgängerzonen, bei Sport- und Kulturveranstaltungen oder in Einkaufszentren Impfungen anbieten.“

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