Kommentar zur NHS-Stärkung

Traditionsbruch zugunsten des Gesundheitssystems

Jahrzehntelang galt für konservative Regierungen in Großbritannien nur das Credo Steuersenkungen. Ausgerechnet Boris Johnson bricht nun damit. Ob die geplanten Milliarden reichen, ist trotzdem ungewiss.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:

Dass im britischen Gesundheitswesen nicht alles in Ordnung ist – nun, dies sind wahrlich keine News. Seit Jahren, nein: Jahrzehnten, sorgt die alte Dame namens National Health Service (NHS) immer wieder für Schlagzeilen. Meist sind es negative Schlagzeilen.

Was an der vom britischen Regierungschef Boris Johnson angekündigten Milliardenspritze überrascht, sind zwei Fakten. Zum einen ist es der Umfang der versprochenen Investitionen. Je nachdem, wie man rechnet, warten auf die staatlichen Kliniken, Arztpraxen und ambulanten Einrichtungen allein in den kommenden drei Jahren umgerechnet zwischen 6,5 Milliarden bis zu mehr als 30 Milliarden Euro. Wohlbemerkt zusätzlich zum regulären Etat. Das ist mehr als nur ein warmer Geldregen, es ist eher ein Wolkenbruch.

Historisch betrachtet setzen die neuen NHS-Finanzhilfen eine der größten Steuererhöhungen in Großbritannien der vergangenen 50 Jahre in Bewegung. Und das ist der andere wirklich bemerkenswerte Punkt: Dass diese Ausgabenerhöhungen, darunter auch eine Erhöhung der Beiträge zur staatlichen Einheitsversicherung (National Insurance, NI) um 1,25 Prozent, ausgerechnet von einer Tory-Regierung angeschoben wird – das ist wahrlich sensationell.

Lesen sie auch

Ausgerechnet jene Partei, die sich seit den Tagen von Margret Thatcher in den 70er-Jahren Steuersenkungen groß auf die Fahne schrieb, ausgerechnet diese Partei und ihr Premierminister brechen nun mit dieser langen Tradition. Was wiederum zeigt, in welch ungewöhnlichen (Pandemie-)Zeiten wir leben. „Steuererhöhungen unter den Tories ist ungefähr so wie die Queen in Leder-Kombi auf einem Motorrad“, kommentierte ein befreundeter Arzt. Indeed!

Bleibt abzuwarten, wann und wie genau das Geld in den Kliniken und Praxen ankommen wird. Und ob es ausreicht, die inzwischen horrenden Wartelisten von mehr als fünf Millionen Patienten im stationären Sektor merklich zu verkürzen. Zweifel daran sind berechtigt nach jahrzehntelanger Unterfinanzierung.

Ein Schritt in die richtige Richtung und in Richtung einer vielleicht besseren Zukunft für das britische Gesundheitswesen ist es aber allemal.

Schreiben Sie dem Autor: gp@springer.com

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kolumne „Hörsaalgeflüster“

Global Model WHO: Junge Stimmen für die globale Gesundheit

Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse

Berufsbedingte Schäden

Wenn Musikmachen Muskeln, Sehnen und Gelenke krank macht

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!

Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau