Vor einem Patientenrechtegesetz liegen noch einige Stolpersteine

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), will keine Zeit verlieren: Bis Ende des Jahres will er Inhalte des geplanten Patientenrechtegesetzes erarbeiten. Doch der Teufel steckt im Detail.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:

BERLIN. Was die Große Koalition versäumt hat, will Schwarz-Gelb möglichst rasch auf den Weg bringen: ein Patientenrechtegesetz. "Mein Ehrgeiz ist, dass das Gesetz im nächsten Jahr im Bundesgesetzblatt als erledigt abgehakt werden kann", sagt der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU).

Zurzeit liefen Gespräche mit Selbsthilfe- und Patientengruppen, Ärzten, Krankenkassen, Richtern und Vertretern der Schlichtungsstellen. Bis Ende des Jahres will Zöller einen unter allen Beteiligten abgestimmten ersten Entwurf auf seinem Schreibtisch liegen haben. Anfang 2011 könne das Vorhaben in die "parlamentarische Entscheidung" gehen, hofft er.

Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Das beginnt schon beim Namen für das Gesetz. Im Koalitionsvertrag ist die Rede von einem "Patientenschutzgesetz". Zöller hält den Begriff für ungeeignet. Es entstehe der Eindruck, "als müsste man irgendwelche Menschen vor irgendwelchen Leuten schützen. Ich möchte ein Patientenrechtegesetz, durch das der Patient mehr als Partner im Gesundheitssystem auftreten kann."

Derzeit ist der Patient noch mehr Objekt als Subjekt. Beleg dafür sind über 10 000 Eingaben von Patienten allein in 2009. In den meisten dieser Anfragen gehe es darum, dass dem Patienten Leistungen vorenthalten worden seien, berichtet Zöller. "Da wird der Patient oft im Kreis herumgeschickt." Der Arzt schiebe es auf die Kasse, die weise die Verantwortung wieder an den Arzt zurück.

Dass aber ein Patientenrechtegesetz dieses Schauspiel beendet, wird von Experten bezweifelt. "Wir sollten nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen und im Zusammenhang mit der Stärkung des Patientenschutzgesetzes in eine Opfer-Täter-Rolle verfallen", warnt der Chef des Ärzteverbandes Hartmannbund, Professor Kuno Winn.

Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hält von einem "gesonderten Patientenrechtegesetz" herzlich wenig. Die individuellen Patientenrechte seien im Behandlungsvertrag "ausreichend" gesichert. Der Zweck eines Patientenrechtegesetzes könne höchstens darin bestehen, bereits bestehende Patientenrechte "zu kodifizieren", so ein BÄK-Sprecher.

Streitpunkt dürfte auch der Umgang mit Behandlungsfehlern sein. Zöller spricht sich für ein Melderegister aus. "Wir brauchen in der Medizin eine neue Fehlerkultur", betont er. Ziel müsse es sein, "möglichst viele Informationen" über Fehler und Beinah-Fehler zu bekommen, "um Fehler zu vermeiden". Ärztevertreter indes wittern hinter solchen Vorstößen nur den Versuch, Ärzte zu einer Fehlermeldung zu zwingen.

Klärungsbedarf besteht schließlich bei der Frage, wie von Patienten angestrengte Gerichtsverfahren über Behandlungsfehler beschleunigt werden können. In bestimmten Fällen - bei Schönheitsoperationen etwa oder wenn nicht alle Unterlagen vom Arzt vorgelegt werden - könne er sich eine "Beweislastumkehr oder Beweislastreduzierung" vorstellen, sagt Zöller.

Die Beweislast grundsätzlich umzukehren, wie von einigen Verbraucherschützern gefordert, sei aber nicht sinnvoll. "Dann laufen wir Gefahr, amerikanische Verhältnisse der sogenannten Defensivmedizin zu bekommen", warnt Zöller. Am Ende würde mehr Geld für die Absicherung medizinischer Tätigkeit als für die Behandlung ausgegeben.

Lesen Sie dazu auch: Patientenbeauftragter will neue Fehlerkultur in Arztpraxen

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