Weltgesundheitsorganisation

Pandemie-Vorsorgezentrum in Berlin eröffnet

Mithilfe eines neuen Frühwarnzentrums in Berlin will die WHO die Welt besser vor künftigen Pandemien schützen. Zu diesem Zweck sollen Milliarden von Daten erhoben und ausgewertet werden.

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Corona hat der Welt viele „schmerzhafte Lehren“ auferlegt: WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus anlässlich der Eröffnung des neuen Pandemiezentrums in Berlin.

Corona hat der Welt viele „schmerzhafte Lehren“ auferlegt: WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus anlässlich der Eröffnung des neuen Pandemiezentrums in Berlin.

© Photoshot / picture alliance

Berlin. In Berlin ist ein neues Vorsorgezentrum für Pandemien eingerichtet worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesu weihten den „WHO Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence“ am Mittwochnachmittag im Rahmen einer Zeremonie im Berliner Langenbeck-Virchow-Haus ein.

Das Zentrum soll als internationale Forschungsplattform fungieren. Ziel ist es, Pandemieausbrüche frühzeitig zu erkennen oder zu verhindern. Das Zentrum soll mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) Daten auswerten. Dabei geht es unter anderem um Tiergesundheit, ungewöhnliche Krankheiten bei Menschen, Verhaltensänderungen, Klimawandelfolgen oder Bevölkerungsverschiebungen. Modelle sollen helfen, mögliche Risiken besser einzuschätzen.

Die Bundesregierung hat 30 Millionen Euro zur Finanzierung des Zentrums bereitgestellt. Andere Geber sollen sich ebenfalls beteiligen.

Eigener Campus in Berlin-Kreuzberg geplant

Erster Direktor des neuen Zentrums ist der in Deutschland geborene nigerianische Epidemiologe Chikwe Ihekweazu. Er leitet zurzeit die Gesundheitsbehörde von Nigeria. Das Zentrum soll auf dem Gelände der Charité starten, einem der Gründungspartner. Künftig soll es einen eigenen Campus in Kreuzberg erhalten.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, Berlin biete für die Aufgaben des Zentrums hervorragende Rahmenbedingungen. Zahlreiche Forschungsinstitute wie etwa das Robert-Koch-Institut (RKI) hätten hier ihren Sitz.

Spahn: Mehr Austausch von Gesundheitsdaten

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, die Coronavirus-Pandemie stelle weiter eine der größten globalen Gesundheitskrisen der letzten Jahrzehnte dar. Es liege in den Händen der Menschen, diese Gesundheitskrise zur letzten Krise solchen Ausmaßes zu machen. Es brauche dafür mehr Transparenz, mehr Austausch von Gesundheitsdaten in Echtzeit – sogenannte Real Life Data – sowie mehr Forschung und Analysen – und zwar weltweit.

COVID-19 führe vor Augen, wie eng die Weltgemeinschaft beim Thema Gesundheit voneinander abhänge. Pandemievorbereitung brauche daher die globale Vernetzung von Wissenschaft – „basierend auf Vertrauen“. Spahn rief China erneut zu größerer Kooperation auf, um den Ursprung des Coronavirus klären zu können.

WHO-Chef Tedros betonte, COVID-19 habe der Menschheit viele „schmerzhafte Lehren“ auferlegt. Es brauche mehr internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen Pandemien wie Corona. Deshalb bringe man Wissenschaftler aus aller Welt zusammen. Berlin sei der ideale Ort für das neue Zentrum.

„Viren machen nicht an Grenzen halt“

Mitorganisiert wurde die Eröffnungsveranstaltung von der internationalen Gesundheitskonferenz „World Health Summit“. Der neue WHO Hub sei „ein wichtiges Signal für den Wissenschaftsstandort Berlin, wo bedeutende Akteure aus Gesundheit und Digitalisierung zusammenkommen“, erklärte World-Health-Summit- Präsident Professor Axel R. Pries, der auch Dekan der Charité ist.

Das Zentrum sei zudem ein Signal für mehr internationale Forschungskooperation. Ohne Zusammenarbeit ließen sich die Probleme der globalen Gesundheit nicht lösen. „Das ist eine der fundamentalen Lektionen aus COVID-19. Viren machen nicht an Grenzen halt“, betonte Pries.

Linke: WHO braucht mehr öffentliche Gelder

Die Linke bezeichnete die Schaffung eines Frühwarnzentrums, das Daten zur Mensch- und Tiergesundheit, zu Klima, Mobilität und Umwelt erfassen solle, als Beitrag zur globalen Pandemiebekämpfung. „Aber das gemeinsame Handeln darf sich nicht auf das Erfassen und Auswerten von Daten beschränken“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Achim Kessler, am Mittwoch.

Die WHO müsse durch eine bessere öffentliche Finanzierung unabhängiger von den Interessen wirtschaftsnaher Stiftungen gemacht werden, sagte Kessler. Letztere würden ihre Spenden meist an einen bestimmten Zweck binden. (hom)

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