Gesundheitspflege-Kongress

Warum wollen die Hamburger die Pflegekammer nicht?

Der Deutsche Pflegerat ist enttäuscht, dass eine Mehrheit der Hamburger Pflegekräfte keine Kammer möchte. Offenbar waren die Gegner aber besser organisiert als die Befürworter.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Eine Pflegekraft füttert eine alte Dame. Das Thema Pflegekammer spaltet zum Teil ganze Belegschaften.

Eine Pflegekraft füttert eine alte Dame. Das Thema Pflegekammer spaltet zum Teil ganze Belegschaften.

© Tobias Kleinschmidt / dpa

HAMBURG. Wer ist für die Gründung einer Pflegekammer in Hamburg? Ein grünes Meer aus Kärtchen hebt sich in die Luft des Hotelsaals. Nur vereinzelt ein paar unentschiedene gelbe Pappen und zwei oder drei rote als Zeichen der Ablehnung.

Dieses Ergebnis, abgefragt auf dem zwölften Gesundheitspflege-Kongress in Hamburg, hat mit dem repräsentativen Votum der Pflegekräfte in der Hansestadt zu dieser Frage nichts gemein. Ganz im Gegenteil: Die Pflegekräfte haben ihre Entscheidung gegen die Gründung einer Pflegekammer in der Hansestadt gefällt.

48 Prozent waren gegen die Kammergründung, nur 36 dafür und 16 unentschieden. Für den Deutschen Pflegerat (DPR) kam diese schmerzliche Niederlage überraschend, räumte DPR-Vertreter Frank Vilsmeier auf dem Kongress ein. Denn bei einer nicht repräsentativen Vorabumfrage sei dem DPR viel Zustimmung signalisiert worden.

"Wir hatten der Abstimmung gelassen entgegen gesehen. Vielleicht haben wir nicht genügend für die Pflegekammer geworben", gestand Vilsmeier selbstkritisch ein.

Falsche Infos im Umlauf?

Für die Ablehnung wurde dagegen stark geworben - mit vielen Mitteln, wie in dem Workshop gemutmaßt wurde. Feststeht: Der Bundesverband privater Pflegedienste (bpa) und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi machten aus ihrer Ablehnung kein Geheimnis und informierten Pflegekräfte über ihre Einwände.

Ob die in hoher Auflage von der Gesundheitsbehörde verschickten neutral abgefassten Informationsschreiben bei den Pflegekräften auf breiter Front ankamen, ist dagegen zweifelhaft.

Diese Informationen konnten nicht persönlich, sondern nur an die Entscheidungsträger in den Einrichtungen versendet werden. An dieser Stelle, vermutete ein Pflegedienstleiter, könnte viel neutrale Information versickert sein.

Die aber wäre für ein zustimmendes Votum wichtig gewesen. Je besser ein Abstimmender informiert war, dies zeigten Analysen,desto eher stimmte er für die Kammergründung.

Massive Beeinflussung mit Falschinformationen?

Die Allianz aus Arbeitgebern und Gewerkschaft gegen die Kammergründung hat dagegen viele aus der Zielgruppe erreicht - zum Teil habe eine massive Beeinflussung mit Falschinformationen etwa zu den zu erwartenden Mitgliedsbeiträgen stattgefunden, beklagte Elke-Maria Reinhardt.

Die Präsidentin des Fördervereins zur Errichtung einer Pflegekammer in Hamburg will bei eigenen Informationsveranstaltungen in den Pflegeeinrichtungen eine negative Voreinstellung gespürt haben.

Auch Vilsmeier kritisierte, dass falsche Informationen in Umlauf gebracht worden seien: "Es ist schwer, gegen Mythen anzukämpfen."

Dafür wären Informationen notwendig gewesen, stellte ein Pflegedienstleiter fest - und die habe es nicht in ausreichendem Maß gegeben. Er selbst habe in seiner Einrichtung zunächst nur 20 Prozent Zustimmung gehabt, nach einer Information 70 Prozent.

Hauptkritikpunkt sei die Zwangsmitgliedschaft gewesen. Nach Analysen der Behörden war die Zustimmung bei Teilnehmern der repräsentativen Abstimmung ohne Leitungsfunktion am niedrigsten, hier betrug sie nur rund 30 Prozent.

Positive Voten in anderen Ländern

Aufgehellt wurde die Katerstimmung in Hamburg durch die positiv ausgefallenen Abstimmungen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.

Heidrun Schmitt, Sprecherin für Gesundheit und Pflege in der Grünen Bürgerschaftsfraktion in Hamburg, bedauerte das ablehnende Votum in der Hansestadt, machte aber keine Hoffnung, dass in nächster Zukunft an dem Votum gerüttelt wird: "Damit steht das Thema vorerst nicht mehr auf der politischen Agenda."

Lesen Sie dazu auch: Pflegeberufe: Viel Arbeit, wenig Wertschätzung, chaotische Abläufe

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