Hintergrund

Wer sich für die Allgemeinmedizin entscheidet, soll bald mehr Geld bekommen

Die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin attraktiver zu machen, sieht die Bundesregierung als eine Möglichkeit, den in vielen Regionen bereits bestehenden und sich ausbreitenden Mangel an Hausärzten entgegenzuwirken.

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:

Nur mit der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben durch KBV und Krankenkassen scheint es derzeit noch zu hapern. Bei beiden steht das Thema offenbar nicht ganz oben auf der Prioritätenliste.

"Bei uns sind zur Zeit fast alle rund um die Uhr mit der Honorarreform beschäftigt", räumt Tanja Hinzmann von der KBV-Pressestelle ein. Die Vorgaben des Gesetzgebers umzusetzen, dafür gebe es derzeit noch keine konkreten Vorschläge. Und auch Cornelia Benzing von der Techniker Krankenkasse in Rheinland-Pfalz gibt zu, dass das Thema derzeit nicht als vorrangig betrachtet wird.

Gleiche Vergütung in Klinik und Praxis angestrebt

Angestrebt wird, dass die Weiterbildungsassistenten in der Allgemeinmedizin eine annähernd gleiche Vergütung in der Klinik- und der Praxisphase bekommen. Bislang erhalten sie im Krankenhaus um die 4000 Euro, in der Praxis etwa 2100. Die Kliniken erhalten einen Zuschuss von 1020 Euro aus dem seit zehn Jahren existieren Förderprogramm für die Allgemeinmedizin, den Restbetrag zahlt das Haus selbst.

"Die angehenden Allgemeinmediziner werden in den Krankenhäusern als normale Assistenzärzte eingesetzt. Ihre Stellen sind im Stellenplan berücksichtigt und ihre Leistungen sind in den Fallpauschalen enthalten. Deshalb steht ihnen das Gehalt eines Assistenzarztes zu", sagt Peer Köpf, Referent für Personalwesen bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Die 2100 Euro, die Weiterbildungsassistenten in der Praxis erhalten, werden je zur Hälfte von den Krankenkassen und den KVen gezahlt. Häufig überweist der Praxisinhaber dem Assistenten aber noch einen weiteren Betrag, um die Mitarbeit in der Praxis zu vergüten.

"Das können sich viele Ärzte offenbar nicht mehr leisten", meint der rheinland-pfälzische KV-Chef Dr. Günter Gerhardt zu diesem Thema. Denn viele Stellen blieben unbesetzt. In seinem Bundesland könnten zur Zeit 120 angehende Allgemeinmediziner die Weiterbildung in der Praxis absolvieren, aber nach Angaben des rheinland-pfälzischen Gesundheitsministeriums sind nur 80 Stellen besetzt.

Gefördert werden sollen mindestens 5000 Stellen.

Dass das mit der mageren Vergütung und mit der schlechten finanziellen Lage vieler Praxen zusammenhängen könnte, vermutet auch Tom Rutert-Klein, Abteilungsleiter Gesundheit im Landesgesundheitsministerium. Wenn mindestens 5000 Weiterbildungsstellen, im Vergleich zu derzeit bis zu 3000 gefördert werden sollen, wie es bundesweit angestrebt wird, könnten in Rheinland-Pfalz künftig 250 Praxen einen finanziellen Zuschuss beantragen. Das würde alleine die KV Rheinland-Pfalz mit Mehrausgaben in Höhe von 4,5 Millionen Euro belasten, sagt Rutert-Klein. Er geht davon aus, dass sich die KBV mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bald darauf verständigen wird, wie die Bezahlung der Praxisphase verbessert und so die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin attraktiver werden kann.

Einbezogen werden soll nach dem Wunsch des Gesetzgebers auch die Bundesärztekammer. "Dies erscheint insbesondere sinnvoll, da die Bundesärztekammer auf Veranlassung des 110. Deutschen Ärztetages ... in einer eigenen Arbeitsgruppe ein ausführliches Konzept zur Umgestaltung des bestehenden Förderprogramms errabeitet hat", heißt es in der Begründung zur Änderung des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes.

Das geänderte Gesetz sieht auch vor, dass der Spitzenverband Bund der Krankenkassen einen gemeinsamen Vertrag mit der KBV und der DKG schließen kann, "wodurch eine ganzheitliche Betrachtung des Förderprogramms ermöglicht und eine sektorenübergreifende Optimierung erleichtert wird". Die Gesetzesänderung ermöglicht es auch, Weiterbildungsassistenten großzügiger zu fördern, die bereit sind in Regionen zu arbeiten, die vom Ärztemangel besonders betroffen sind oder bald davon bedroht sein könnten.

Flexiblerer Einsatz der Fördermittel möglich

Außerdem können die Vertragspartner jetzt vereinbaren, dass die Fördermittel durch eine zentrale Stelle auf Bundes- oder Landesebene verwaltet werden, um sie zielgerichteter und flexibler einsetzen zu können. Gefördert werden können nun auch regionale Projekte, die sich vor Ort bemühen, die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin attraktiver zu machen, um die hausärztliche Versorgung dauerhaft sicherzustellen.

Möglich ist es auch, Fördermittel, die nicht in dem vorgesehenen Zeitraum abgerufen werden, auf einen späteren Zeitpunkt zu übertragen. Die Vertragspartner können sich auch darauf einigen, Gelder, die in einem Bundesland nicht abgerufen werden, in einem anderen Land einzusetzen.

Es können auch Finanzmittel, die für den stationären Bereich vorgesehen waren aber nicht abgerufen wurden, dem ambulanten Bereich zur Verfügung gestellt werden.

Verabschiedung im Omnibusverfahren

Die Änderungen am GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz aus dem Jahr 1998, in welchem die Förderung der Allgemeinmedizin festgeschrieben wurde, ist im Oktober dieses Jahres quasi huckepack gemeinsam mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstruktur der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) verabschiedet worden. Gesetzestechnisch wird diese Vorgehensweise als Omnibusverfahren bezeichnet. Das GKV-OrgWG wiederum regelt in erster Linie das Insolvenzrecht der gesetzlichen Krankenkassen und tritt zum 1. Januar 2009 in Kraft.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Raus aus der Sackgasse

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