Demonstrationen

Zuschuss reicht Kliniken in Frankreich nicht

Frankreichs Regierung kommt protestierenden Ärzten und Pflegekräften in Kliniken entgegen. Der Budgetdeckel wird leicht gelüftet – unzureichend, meinen die Beschäftigten.

Von Denis Durand de Bousingen Veröffentlicht:
Klinikmitarbeiter sind am 21. November in Nantes (Bretagne) auf die Straße gegangen, um gegen ihre Arbeitsbedingungen zu protestieren.  Estelle Ruiz/NurPhoto/dpa

Klinikmitarbeiter sind am 21. November in Nantes (Bretagne) auf die Straße gegangen, um gegen ihre Arbeitsbedingungen zu protestieren. Estelle Ruiz/NurPhoto/dpa

© Estelle Ruiz / NurPhoto / picture alliance

Paris. Mit einer leichten Lockerung der seit Jahren streng begrenzten Krankenhausbudgets in Frankreich, Lohnerhöhungen und der Übernahme von Altschulden hofft die französische Regierung, die finanzielle Lage der öffentlichen Krankenhäuser zu entspannen.

Ob die neuen Maßnahmen ausreichen, die am 20. November von Premier Edouard Philippe und Gesundheitsministerin Agnès Buzyn vorgestellt wurden, ist fraglich.

Seit Monaten streiken und demonstrieren verschiedene Gruppen von Krankenhausmitarbeitern, vor allem Beschäftigte in Notaufnahmen, für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen.

Am 14. November haben zum ersten Mal seit Jahren alle Mitarbeiter in Krankenhäusern – inklusive Ärzten –  gestreikt und vor einer weiteren Verschlechterung der Versorgung gewarnt. Frankreichs Krankenhäuser laborieren seit Jahren an den Folgen der strengen Sparpolitik.

Verdoppelung der Ausgabenquote

In Frankreich werden die Ausgaben für Krankenhäuser durch eine ONDAM genannte jährliche Quote begrenzt (Objectif national des dépenses d’assurance maladie). Diese sollte für 2020 im Vergleich zum Vorjahr nur um 2,1 Prozent steigen.

Am 20. November hat die Regierung angekündigt, diese Quote auf 2,4 Prozent zu erhöhen, was eine Zunahme von landesweit 500 Millionen Euro bedeutet. Viel zu wenig, meinen Krankenhausorganisationen, die seit Langem eine Verdoppelung der Quote fordern.

Die Budgetierung belastet nicht nur den Arbeitsalltag der Mitarbeiter und Neuinvestitionen der Krankenhäuser, sondern erschwert auch die Tilgung der rund 30 Milliarden Euro Schulden, die Krankenhäuser in den vergangenen Jahren aufgenommen haben. Vor allem viele große Kliniken wären längst insolvent, wenn die Regierung ihnen nicht regelmäßig erlaubt hätte, neue Krediten zu beantragen. Jetzt will der Staat 30 Prozent der Schuldenlast selbst übernehmen.

Wegen der Budgetierung sind in den vergangenen Jahren die Gehälter des Pflegepersonals in öffentlichen Krankenhäusern, die rund zwei Drittel aller Einrichtungen ausmachen, deutlich weniger gestiegen als in Kliniken privater Träger. Bei Ärzten ist die Kluft zwischen Kliniken in privater und in öffentlicher Trägerschaft noch größer. Aus diesem Grund ist es für öffentliche Krankenhäuser immer schwieriger, Pflegepersonal und Ärzte zu rekrutieren und zu halten.

Personal wandert zu Privaten ab

Deswegen will die Regierung Pflegekräfte und Ärzte mit „Einstiegsprämien“ in öffentliche Krankenhäuser locken, um die Abwanderung zu privaten Trägern einzudämmen. Für Ärzte wird diese Prämie von bisher 20 000 auf 30 000 Euros heraufgesetzt. Dabei können Ärzte, die in bestimmten unterversorgten Regionen arbeiten, mit monatlichen Zuschüssen rechnen. Auch qualifiziertes Pflegepersonal soll Einstiegsprämien und jährliche Gehaltszuwächse erhalten.

Es ist fraglich, ob diese Vorhaben weitere Proteste verhindern. Mehrere Krankenhausgewerkschaften und Verbände bezeichneten die Zugeständnisse als unzureichend. Junge Krankenhausärzte haben für den 30. November zu neuen Streiks aufgerufen, eine Woche später wollen auch andere Berufsgruppen in Kliniken zu Demonstrationen mobilisieren.

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