Insolvenzantrag

Aufsicht stellt Insolvenzantrag für Rezeptabrechner – 3500 Apotheken betroffen

Ein privates Apothekenrechenzentrum in Düsseldorf hat offenbar massive finanzielle Probleme. Betroffen sind rund 3500 Apotheken. Es könnte um viele Millionen Euro Außenstände gehen.

Von Christian Bellmann Veröffentlicht:
AvP in Düsseldorf: Apotheken wickeln bis zu 80 Prozent ihrer Einnahmen mit Apothekenrechenzentren ab. Die Schieflage eines Anbieters kann daher massive Liquiditätsprobleme bringen.

AvP in Düsseldorf: Apotheken wickeln bis zu 80 Prozent ihrer Einnahmen mit Apothekenrechenzentren ab. Die Schieflage eines Anbieters kann daher massive Liquiditätsprobleme bringen.

© Marcel Kusch / dpa / picture alliance

Düsseldorf. Bei dem Düsseldorfer Apotheken-Abrechnungszentrum AvP scheinen sich die schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten: Der Sonderbeauftragte Ralf Bauer hat am Dienstag für die AvP Deutschland GmbH einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Düsseldorf gestellt.

Das teilte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am Montag mit. Die BaFin hatte Bauer als alleinigen Geschäftsführer in das angeschlagene Unternehmen entsandt. AvP untersteht der Aufsicht durch die BaFin als Factoring-Gesellschaft.

Die Nachrichtenagentur dpa hatte berichtet, dass die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft eine Anfrage zu AvP an die BaFin gerichtet hat. Inzwischen hat die BaFin auch Strafanzeige gegen das Unternehmen gestellt, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Düsseldorf am Mittwoch der „Ärzte Zeitung“ sagte.

Zahlungsgeschäft für 3500 Apotheken

AvP wickelt in Rechenzentren das Zahlungsgeschäft für rund 3500 Apotheken mit den Krankenkassen ab, das sind rund ein Fünftel aller Apotheken in Deutschland. Die meisten von ihnen warten seit mehreren Tagen auf die Auszahlung ihrer Umsätze, oft geht es um höhere sechsstellige Summen.

Für die Apotheken ist die rasche Auszahlung durch die Abrechnungsgesellschaften von existenzieller Bedeutung, schließlich erhalten sie über diesen Weg teilweise bis zu 80 Prozent ihrer Umsatzerlöse.

AvP hatte die Verzögerungen zunächst mit Problemen im IT-Bereich infolge eines Anbieterwechsels begründet. Bei den Apotheken hatte Firmeninhaber Wettstein mehrfach um Vertrauen geworben und beteuert, dass sie sich keine Sorgen um die ausstehenden Beträge machen müssten, weil sich die Gelder auf einem separaten Fremdmittelkonto befänden. Für die von den Apothekern heftig kritisierte Kommunikationspolitik des Unternehmens entschuldigte er sich.

Gegenüber dem Branchenportal „apotheke adhoc“ hatte Wettstein erklärt, AvP habe alle ausstehenden Überweisungen im Gesamtvolumen von rund 27 Millionen Euro bereits am vergangenen Freitag angewiesen, davon seien aber nur etwas mehr als 20 Millionen Euro ausgeführt worden. Die Differenz sei schließlich am Dienstag überwiesen worden. Ebenso befänden sich weitere 90 Millionen Euro auf dem Weg, die inzwischen fällig wurden.

„Aufräumarbeiten bei der Bilanz“

Nach Beginn der Zahlungsverzögerungen waren im Apotheken-Umfeld schnell Zweifel daran aufgekommen, dass lediglich IT-Probleme dahinterstecken. Am Sonntag musste AvP-Geschäftsführer Jochen Brocher kurzerhand seinen Hut nehmen. Markus Feck, den Inhaber Wettstein unmittelbar danach zum Geschäftsführer berufen hatte, räumte gegenüber „apotheke adhoc“ schließlich „Aufräumarbeiten bei der Bilanz“ ein.

Dass die Commerzbank AvP die Kreditlinie gestrichen hat, wollte Feck demnach nicht bestätigten – wohl jedoch, dass das Unternehmen die Auszahlungen derzeit nur aus vorhandenem Guthaben tätigen könne.

Gerüchten zufolge soll die Commerzbank bei einer Prüfung der AvP-Konten auf Unregelmäßigkeiten gestoßen sein und habe daraufhin einen Wirtschaftsprüfer eingeschaltet. Dieser soll dann die BaFin informiert haben.

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