Verbundweiterbildung Plus

Blick in andere Fachrichtungen

Die Verbundweiterbildung Plus Baden-Württemberg bietet Lerninhalte, die in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu kurz kommen. 600 junge Ärzte machen bereits mit.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Hausärzte sind erster Ansprechpartner bei einer Vielzahl von Erkrankungen. Deshalb gibt die Verbundweiterbildung Plus Baden-Württemberg Einblicke in andere Fachrichtungen.

Hausärzte sind erster Ansprechpartner bei einer Vielzahl von Erkrankungen. Deshalb gibt die Verbundweiterbildung Plus Baden-Württemberg Einblicke in andere Fachrichtungen.

© Photographee.eu / fotolia.com

HEIDELBERG. Eine junge Frau steht in der Mitte des Raums. Sie hat ihr rotes T-Shirt nach oben geknotet, sodass der untere Rücken frei liegt. Eine Kollegin sitzt hinter ihr auf einem Stuhl. Vorsichtig legt sie beide Hände auf den Rücken und ertastet die Wirbel.

Währenddessen erklärt ein orthopädie-erfahrener Hausarzt detailliert Untersuchungstechniken mit Blick auf von Rücken, Schulter und unteren Bewegungsapparat.

Szenen wie diese gehören regelmäßig dazu, wenn sich die Teilnehmer der Verbundweiterbildung Plus Baden-Württemberg treffen.

Denn das "Plus" steht für Inhalte, die in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu kurz kommen und die deshalb abseits des regulären Weiterbildungsinhaltes an speziellen Schulungstagen zum Thema gemacht werden.

"Wir sind der festen Überzeugung, dass nicht alle Kompetenzen in den stationären und ambulanten Rotationen vermittelt werden können", sagt Dr. Simon Schwill, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Universitätsklinikums Heidelberg und Mitglied des Teams der Verbundweiterbildung Plus.

Hausärzte seien nun einmal erster Ansprechpartner bei allen Gesundheitsproblemen. "Dadurch sind sie auch oft mit Fällen aus anderen Fachbereichen konfrontiert, zum Beispiel HNO, Dermatologie, Kinderheilkunde", erklärt Schwill.

Der Erwerb dieser Kompetenzen sei aber kein verpflichtender Bestandteil der Weiterbildung, deshalb gebe es das externe Angebot. In der Verbundweiterbikdung werden auch Kernkompetenzen wie Praxisführung, Kommunikation oder interprofessionelle Zusammenarbeit vermittelt.

Zehn spannende Tage

Junge Ärzte in Fokus

Mit einer neuen Themen-Seite will die "Ärzte Zeitung" ab sofort vermehrt junge Ärzte in Studium und Weiterbildung in den Blick nehmen.

Hier geht's zur Seite!

Rund 600 Ärzte in Weiterbildung (AiW) nehmen an der seit 2009 laufenden Verbundweiterbildung Plus teil, außerdem 41 Klinikverbünde und über 300 Praxen. Bis heute haben von den 600 Ärzten im Programm über 110 ihren Facharzt für Allgemeinmedizin erfolgreich abgeschlossen.

Üblicherweise stehen Ärzten in Weiterbildung drei Fortbildungstage pro Jahr zu, den Teilnehmern der Verbundweiterbildung Plus werden zehn Fortbildungstage gewährt. Und die werden effektiv genutzt.

Auf dem Plan stehen pro Jahr vier frei wählbare Einzelschulungstage und ein Doppelschulungstag, für den die Teilnehmer auf acht feste Kohorten aufgeteilt werden - und der unter der Woche während der Arbeitszeit stattfindet. Hinzu kommt noch der sogenannte Landtag, bei dem die jungen Ärzte gemeinsam in ländliche Gebiete fahren und dort unter dem Aspekt einer Niederlassung Kontakte zu Kommunen knüpfen können.

Außerdem auf der Agenda: zweimal jährlich ein Tag der Allgemeinmedizin, einmal jährlich ein Netzwerktreffen und in Frühjahr und Herbst je ein Train-the-Trainer-Seminar.

Diese Seminare für Hausärzte mit Weiterbildungsbefugnis, bei denen rechtliche und organisatorische Fragen rund um die Weiterbildung beantwortet und didaktische Methoden für die Praxis behandelt werden, laufen in Baden-Württemberg seit fünf Jahren erfolgreich, das Interesse ist groß.

Gerade hat auch das Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Hessen zum ersten Train-the-Trainer-Seminar eingeladen, für das das Konzept aus dem Südwesten Modell stand.

Fünf Säulen

"Wir bieten bewusst nicht nur Vorträge, sondern auch zahlreiche praktische Übungen", berichtet Schwill. Die Einzelschulungstage beschreibt er als "kleine Kongresse": Jeder Kurs ist 90 Minuten lang, drei bis vier Kurse laufen parallel, die Teilnehmer wählen ihre Schwerpunkte nach Interesse.

Mitte April kamen zum Schulungstag nach Stuttgart 67 ÄiW aus dem ganzen Bundesland, zum Tag in Heidelberg 81 Teilnehmer.

Das Konzept der "kleinen Kongresse" ruht auf fünf Säulen: "Neben der Theorie legen wir viel Wert auf praktische Übungen, bei denen es diesmal unter anderem um Medikamentenreviews, EKG und die Kommunikation mit türkischen Patienten ging", sagt Schwill.

Gemeinsam übten die jungen Ärzte beispielsweise auf ihren Smartphones den Umgang mit Webportalen zur Überprüfung eines Medikationsplans wie der Priscus-Liste (priscus.net) oder der Dosing-Webseite (dosing.de). Auch Übungsuntersuchungen der Mitteilnehmer stehen auf dem Plan.

Außerdem werden Informationen zur Praxisführung vermittelt - und der Netzwerkgedanke kommt natürlich auch nicht zu kurz. "Aktuell planen Absolventen, die sich in der Verbundweiterbildung Plus kennengelernt haben, eine gemeinsame Praxis aufzumachen", berichtet Schwill.

Die jungen Ärzte, Quer- oder Wiedereinsteiger können vom Staatsexamen bis zur Facharztprüfung Allgemeinmedizin an dem Programm teilnehmen. Aktuell läuft eine Evaluation dazu, wie viele von ihnen sich nach der Facharztprüfung niederlassen - und welchen Einfluss die Verbundweiterbildung Plus darauf hat.

In der Vorreiterrolle

Das vierköpfige Team hinter der Verbundweiterbildung ist stolz darauf, dass das Kompetenzzentrum Allgemeinmedizin Baden-Württemberg, für das sich Heidelberg mit den medizinischen Fakultäten in Mannheim, Tübingen, Ulm und Freiburg zusammen geschlossen hat, bei der Strukturierung der Weiterbildung eine Vorreiterrolle einnimmt.

Anhand eines Konzeptpapiers der DEGAM (DEGAM-Konzept Verbundweiterbildung Plus), das sich in seinen Inhalten deutlich mit der Verbundweiterbildung Plus Baden-Württemberg überschneidet, bilden sich bundesweit neue Konzepte von Verbundweiterbildungen.

"Diese Entwicklung ist außerordentlich erfreulich, weil sie die Weiterbildungssituation in der Allgemeinmedizin und dadurch die Weiterbildung von Ärzten in Deutschland im Gesamten fördert", so Schwill.

Seit Beginn des Jahres 2009 hatte sich das Programm aus einer Anschubfinanzierung mehrerer Ministerien finanziert. Seitdem diese Finanzierung im Herbst 2015 ausgelaufen ist, mussten die am Programm teilnehmenden Krankenhäuser einen Kostenbeitrag von 1500 Euro pro Jahr zahlen, für Hausarztpraxen waren es 500 Euro.

Für einen Ausgleich sei durch die DKG-Fördergelder beziehungsweise die KV-Förderung gesorgt, heißt es auf der Webseite des Programms.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Ärztemangel auf dem Land

AOK unterstützt Thüringen-Stipendium

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!

Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau