Boehringer Ingelheim forciert die Forschung

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen hat das Familienunternehmen Boehringer Ingelheim seine Ausgaben für die Pharmaforschung 2010 erneut deutlich erhöht.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Eine Verpackungslinie des neuen Gerinnungshemmers Pradaxa® (Dabigatran).

Eine Verpackungslinie des neuen Gerinnungshemmers Pradaxa® (Dabigatran).

© Boehringer Ingelheim

INGELHEIM. Unterm Strich 50 Prozent weniger in der Konzernkasse: was bei einer börsennotierten Gesellschaft für einige Unruhe sorgen würde, ist beim Familienunternehmen Boehringer Ingelheim kein Grund, die Pferde scheu zu machen. Vielmehr ist man stolz darauf, auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen des Geschäftsjahres 2010 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung einmal mehr deutlich aufgestockt zu haben.

Trotz des Gewinneinbruchs zeigte sich Dr. Andreas Barner, Sprecher der Boehringer-Geschäftsleitung, mit dem vergangenen Jahr zufrieden. In der klinischen Produktentwicklung habe man gute Fortschritte gemacht, die Einführung des neuen Gerinnungshemmers Pradaxa® (Dabigatran) verlaufe ausgesprochen erfolgreich.

Das gelte besonders für den US-Markt, wo das Mittel in der Indikation Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern zugelassen ist. Das Interesse der US-Doktoren an dem oralen Antikoagulans sei "enorm", versicherte Barner am Dienstag in Ingelheim.

Bis Sommer dieses Jahres dürften etwa 81.000 Patienten das Mittel zur Schlaganfallprävention erhalten. Zudem sei Dabigatran bereits "in den meisten amerikanischen Krankanhäusern gelistet" und in die wichtigsten internationalen Therapierichtlinien für thromboembolische Erkrankungen aufgenommen worden, versicherte Barner. Mit der europäischen Zulassung gegen Schlaganfall rechne er in den kommenden Monaten.

Gesundheitsreformen zehren am Erlös

Im 125. Jahr seines Bestehens hatte das Familienunternehmen vor allem mit Patentausläufen und Kostendämpfungsmaßnahmen zu kämpfen. Rund 1,4 Milliarden Euro kostete der generische Wettbewerb in den USA. Gesundheitsreformen zehrten mit 100 Millionen Euro am Erlös.

Allein der zur zweiten Jahreshälfte in Deutschland von sechs auf 16 Prozent angehobene gesetzliche Herstellerrabatt kostete das Unternehmen laut Barner 22 Millionen Euro. Insgesamt verringerte sich der Konzernumsatz jedoch dank guten organischen Wachstums nur um ein Prozent auf 12,6 Milliarden Euro.

Kompensatorisch wirkten sich oganisches Wachstum sowie die Integration der von Pfizer übernommenen Veterinär-Linie "Fort Dodge" aus. Höhere F & E-Ausgaben, ein schlechteres Finanzergebnis und ein Einmaleffekt in Folge des neuen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes ließen den Gewinn um 23 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro sinken. Davon blieben nach Steuern 888 Millionen übrig (- 50 Prozent).

Mit verschreibungspflichtigen Präparaten setzte Boehringer 9,7 Milliarden Euro um (-3,5 Prozent). Größtes Einzelprodukt war das COPD-Mittel Spiriva® (Tiotropium). Zweitgrößter Umsatzträger ist die Produktfamilie des Blutdrucksenkers Micardis® (Telmisartan).

Wie schon in den vergangenen Jahren hat Boehringer auch 2010 seine Ausgaben für die Pharma-Forschung erhöht: um elf Prozent auf knapp 2,5 Milliarden Euro. Das entspricht einer F & E-Quote von 20 Prozent des Konzernumsatzes.

Fortschritte in der Pharma-Pipeline

Wichtigster Kandidat der reifen Pipeline ist Linagliptin. Zum Ende des 2. Quartals 2011 seien die ersten Zulassungen des oralen Antidiabetikums zu erwarten, sagte Barner. Neben der Mono-Therapie wurde auch die Marktfreigabe für eine Kombination mit Metformin beantragt.

Ebenfalls Fortschritte in Phase- III habe man mit zwei Krebsmedikamenten gemacht: BIBF 1120 (Vargatef™), einem dreifachen Angiokinase-Inhibitor sowie dem Tyrosinkinase-Hemmer Afatinib. Diese Wirkstoffe würden gegen Lungenkrebs, Brustkrebs, Eierstockkrebs und Dickdarmkrebs getestet.

Gut im Rennen liege zudem BI 201335, ein oraler Hemmer von Enzymen des Hepatitis-C-Virus, der im Laufe dieses Jahres in die Phase III kommen soll. Jüngster Kandidat im Krebsportfolio Boehringers ist der Polo-like-Kinase-1-Hemmer Volasertib, der nach vielversprechenden Phase-I-Daten jetzt in Phase II geht.

Boehringer Ingelheim

Branche: Forschendes Pharmaunternehmen im Familienbesitz: rezeptpflichtige Arzneimittel, rezeptfreie Produkte, Tiergesundheit. Sitz: Ingelheim (Rheinland-Pfalz) Unternehmensleitung: Dr. Dr. Andreas Barner (Sprecher der Unternehmensleitung) Geschäftszahlen 2010: Umsatz: 12,6 Mrd. Euro (- 1 %),

  • verschreibungspflichtige Medikamente 9,7 Mrd. Euro (- 3,5 %)
  • rezeptfreie Produkte (OTC) 1,3 Mrd. Euro (+ 4,5 %)
  • Tiergesundheit 921 Mio. Euro (+ 51 %)
  • Nettogewinn: 888 Mio. Euro (- 50 %)

Mitarbeiter: 42.224 (2010), davon in Deutschland 11.483 Wichtige Produkte: Spiriva® (Tiotropium), Micardis® (Telmisartan), Twynsta® (Telmisartan + Amlodipin), Pradaxa® (Dabigatran), Viramune® (Nevirapin). OTC-Produkte: Dulcolax®, Mucosolvan®, Buscopan®, Thomapyrin® Forschung & Entwicklung 2010: Investitionen: 2,5 Mrd. Euro (+ 11 %), wichtigster Kandidat ist das orale Antidiabetikum Linagliptin, für das Mitte 2011 die ersten Zulassungen erwartet werden.

www.medworld.de (Fachkreise) www.boehringer-ingelheim.de

Quelle: PharmaWoche (Springer Medizin)

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