Urteil

Bundesverwaltungsgericht erleichtert Ärzten mit Behinderung Zugang zur Approbation

Ärztinnen und Ärzte haben auch dann Anrecht auf eine Berufserlaubnis, wenn sie nicht für alle Bereiche gesundheitlich geeignet sind. Zwar gelte die Approbation unbeschränkt, eröffne faktisch aber nur den Zugang zu geeigneten Fachgebieten.

Veröffentlicht:
Ein Schild mit der Aufschrift Anerkennung hängt an einer Hauswand.

Die Anerkennung gilt auch für Ärzte mit Behinderung.

© picture alliance / Zoonar

Leipzig. Ärzte mit einer Behinderung müssen auch dann Zugang zur Approbation haben, wenn sie nicht für alle medizinischen Bereiche gesundheitlich geeignet sind.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem aktuell verkündeten Urteil entschieden. Danach muss das Land Hamburg einem Arzt mit Sehbeeinträchtigung eine Approbation erteilen, soweit die anderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Während des Medizinstudiums des Klägers wurde bei ihm eine Makuladegeneration diagnostiziert, die unter anderem zu einer Reduktion der zentralen Sehschärfe und Ausfällen im Gesichtsfeld führt. Nach Abschluss des Studiums bestand er die ärztliche Prüfung und beantragte die Erteilung der Approbation.

Visuelle Fähigkeiten sind unerlässlich

Das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe Hamburg lehnte dies ab. Der Kläger sei gesundheitlich ungeeignet. Ihm fehlten die für den Arztberuf unerlässlichen visuellen Fähigkeiten. Er könne stattdessen eine Berufserlaubnis erhalten, die – anders als eine Approbation – mit Einschränkungen und Nebenbestimmungen versehen werden könne.

Allerdings erlaubt die Berufserlaubnis die Ausübung des Arztberufs nur unter Aufsicht eines approbierten Kollegen. Zudem ist sie zeitlich und auf ein Bundesland begrenzt. Der Arzt beharrte daher auf der Approbation und klagte.

Das Verwaltungsgericht Hamburg gab ihm recht. Der Arzt wolle im Fachgebiet der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie tätig werden, für das er ausweislich mehrerer Sachverständigengutachten geeignet sei.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) dagegen wies die Klage ab. Die Eignung für nur ein Fachgebiet reiche nicht aus. Denn die Approbation berechtige zur umfassenden Ausübung des ärztlichen Berufs. Sie setze daher grundsätzlich voraus, dass ein Antragsteller gesundheitlich geeignet sei, ärztliche Tätigkeiten in allen Fachgebieten auszuüben.

Verweis auf Diskriminierungsverbot

Doch das reicht nicht, um die Approbation zu untersagen, urteilte nun das Bundesverwaltungsgericht. Zur Begründung verwiesen die Leipziger Richter auf das im Grundgesetz verankerte Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung. Eine Ungleichbehandlung sei daher nur aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls zulässig.

Dabei rüttelten die Leipziger Richter zwar nicht an dem Grundsatz, dass eine Approbation ohne Auflagen zu erteilen ist und so formal den Zugang zu allen ärztlichen Fachbereichen eröffnet. Zahlreiche weitere berufs- und haftungsrechtliche Regelungen stellten aber sicher, dass Ärztinnen und Ärzte nur solche Tätigkeiten ausüben dürfen, für die sie ausgebildet und auch sonst geeignet sind. Daher gebe es keinen Grund, Ärzten mit körperlichen Beeinträchtigungen generell die Approbation zu verweigern.

Den Streit verwies das Bundesverwaltungsgericht an das OVG zurück. Grund ist, dass die Hamburger Richter wegen ihrer gegenteiligen Meinung keine abschließenden Feststellungen zur Eignung für das Fachgebiet der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie treffen mussten. Dies sollen sie nun nachholen. (mwo)

Bundesverwaltungsgericht, Az.: 3 C 17.23

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Steigende Prävalenz

Kindliche Rückenschmerzen: Eine neue Volkskrankheit?

Lesetipps