Berlin

Datenhüterin nimmt Kliniken ins Visier

Vor allem die Charité bekommt im aktuellen Tätigkeitsbericht der Berliner Datenschutzbeauftragten ihr Fett weg.

Veröffentlicht:

BERLIN. Über gestohlene oder abhanden gekommene Patientendaten steht im Jahresbericht 2015 der Berliner Datenschutzbeauftragten Maja Smoltczyk zwar nichts.

Doch sie hat einige Lücken in der Archivierung und den Sicherheitskonzepten Berliner Kliniken ausgemacht. Vor allem mit Deutschlands größtem Universitätsklinikum, der Charité geht sie hart ins Gericht.

So müssten vor der Einführung neuer IT-Verfahren Risiken benannt und ein Sicherheitskonzept erarbeitet werden, das entsprechende Schutzmaßnahmen bündelt, erklärt Smoltczyk in ihrem Bericht. Dies sei eine gesetzliche Vorgabe.

Bei der Charité habe das entsprechende Verfahrensverzeichnis aber "gravierende Lücken" aufgewiesen. Die Datenhüterin hatte einige Verfahren mit besonderen Risiken ausgewählt. Bei der Prüfung sei unklar geblieben, seit wann welche Daten wie verarbeitet wurden und ob überhaupt Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen worden seien.

Zum Teil hätten auch Dokumente, auf die im Verfahrensbericht verwiesen wurde, schlicht gefehlt. Andere Einträge seien veraltet gewesen, "sodass erhebliche Zweifel bestehen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen Kontrollen durchgeführt wurden", heißt es.

Smoltczyk warnt davor, dass durch das fehlende systematische Vorgehen Löcher im Schutzwall unbemerkt bleiben.

Vor allem ans Klinik-Netz angeschlossene Medizingeräte sieht sie als Risiko, denn in der jüngsten Vergangenheit seien bei diesen Geräten "erhebliche Sicherheitsdefizite" bekannt geworden. Die Charité habe aber bereits zugesagt, dass sie die beanstandeten Mängel aufarbeiten werde.

Aber auch in Sachen Archivierung sollten Kliniken sensibel sein. Ein anderer Klinikverbund hatte die Archivierung seiner Patientenakten ausgelagert.

In unverschlossenen Behältnissen aufbewahrt

Die Akten wurden von dem Dienstleister aber in unverschlossenen Behältnissen aufbewahrt. Wurde eine Akte vom Krankenhaus benötigt, suchte sie der Dienstleister anhand der patientenidentifizierenden Daten heraus, berichtet die Berliner Datenhüterin. Dabei sei es ihm möglich gewesen, Einsicht in die Akte zu nehmen.

"Dies stellt eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht und einen Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen dar", schreibt Smoltczyk.

Kliniken müssten bei der Auslagerung von aufbewahrungspflichtigen Altakten dafür sorgen, dass der Dienstleister die Inhalte der Akten nicht zur Kenntnis nehmen könne.

Hierfür stünden durchaus praktikable Lösungen bereit.Ebenfalls in Augenschein genommen hat die Datenhüterin die Kommunikation zwischen Arzt und Patient über moderne Medien wie Smartphone, Video-Chat, aber auch E-Mails. Hierbei sei eine End-zu-End-Verschlüssellung unabdingbar.

Da in der Regel weitere Dienstleister einbezogen würden und dieser zumindest Kenntnis von dem Behandlungsverhältnis erhalte, sei zudem eine vorherige Einverständniserklärung beim Patienten einzuholen.

Außerdem muss die Praxis die Datenwege transparent machen und angeben, dass sie mit einem Dienstleister arbeitet.

IP-basierte Telefonanschlüsse sieht die Berliner Datenschutzbeauftragte übrigens nicht als kritisch an: Die Anbieter solcher Telefonanschlüsse seien nämlich zu demselben Schutz "des gesprochenen Wortes" wie beim herkömmlichen analogen Anschluss verpflichtet. (reh)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kritik bleibt bestehen

So nutzt ein Kinderarzt die ePA

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

© Paolese / stock.adobe.com (Model mit Symbolcharakter)

Neuer Therapieansatz bei erektiler Dysfunktion

Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Kranus Health GmbH, München

Weniger Bürokratie

Wie nützt Digitalisierung?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuer Verschlüsselungsalgorithmus in der TI

gematik verlängert Frist für Austausch der E-Arztausweise

Lesetipps
Mit einer eher seltenen Diagnose wurde ein Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Die Ursache der Hypoglykämie kam erst durch einen Ultraschall ans Licht.

© Sameer / stock.adobe.com

Kasuistik

Hypoglykämie mit ungewöhnlicher Ursache

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel

© undrey / stock.adobe.com

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel