Lebensversicherungen

Digitale Helfer stehen für Policenwiderruf in den Startlöchern

Legaltechs bringen Bewegung in die Rechtsbranche: Zur Überprüfung von Rechtsansprüchen in Bezug auf den möglichen Widerruf einer Lebensversicherung setzt beispielsweise ein Start-up auf digitale Technologien.

Anne-Christin GrögerVon Anne-Christin Gröger Veröffentlicht:
Lebensversicherungen können unter Umständen widerrufen werden: Ob oder ob nicht, kann auch mithilfe digitaler Technologien überprüft werden.

Lebensversicherungen können unter Umständen widerrufen werden: Ob oder ob nicht, kann auch mithilfe digitaler Technologien überprüft werden.

© djama / Fotolia

KÖLN. Kunden, die zwischen 1994 und 2007 eine Lebensversicherung abgeschlossen haben und mit der Rendite des Vertrags unzufrieden sind, können die Police unter Umständen bis heute widerrufen. Dann erhält der Kunde neben den eingezahlten Beiträgen auch die darauf angefallenen Zinsen zurück. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2014, das besagt, dass Versicherte einen Vertrag nachträglich widerrufen dürfen, wenn sie der Anbieter nicht oder nur unzureichend über ihr Widerspruchsrecht informiert hat (Az.: IV ZR 76/11).

Leicht ist es jedoch nicht, denn die Versicherungsunternehmen sträuben sich gerne. Oft bleibt Verbrauchern nichts anderes übrig, als zum Anwalt zu gehen. Das Start-up Helpcheck hat sich auf solche Fälle spezialisiert. Das Unternehmen will mithilfe digitaler Technik Kunden helfen, Rechtsansprüche zu prüfen und durchzusetzen. „Wir erledigen die Rückabwicklung der Policen und werden rein erfolgsbasiert bezahlt“, sagt Peer Schulz, der das Start-up mit seinem Kollegen Phil Sokowicz 2016 gegründet hat.

Einschätzung einholen

Policeninhaber können auf der Internetseite von Helpcheck ihre Verträge online hochladen oder per Post an das Unternehmen schicken. Mit den Angaben prüft eine Software, ob der Kunde beim Widerruf seiner Lebensversicherung Aussicht auf Erfolg hätte. Diese Informationen sind kostenlos und unverbindlich.

Den weiteren Papierkram bereitet Helpcheck für spezialisierte Anwälte auf. Innerhalb von einer Woche erhalten Kunden eine konkrete Einschätzung von Juristen, mit denen das Start-up kooperiert. Die Frankfurter Anwaltskanzlei Hwlegal wurde extra zu diesem Zweck gegründet. „Erst wenn der Kunde sich entscheidet, den Gerichtsweg zu gehen, erhalten wir im Erfolgsfall eine Provision von maximal 39,75 Prozent des erzielten Mehrwertes, wenn der Kunde eine Rechtsschutzversicherung hat, 25 Prozent.“

Der erzielte Mehrwert ist die Differenz zwischen dem Betrag, der bei einer Kündigung ausbezahlt würde und dem Betrag, den Helpcheck erstreitet. Wenn der Kunde sich gegen den Klageweg entscheidet oder ein Gericht den Anspruch ablehnt, bekommen Schulz und seine 14 Kollegen nichts.

Nicht immer lohnt sich ein Widerruf, berichtet Helpcheck. „Es gibt viele Verträge, in die eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit hohen Summen integriert ist, oder es geht um zu geringe Beträge“, erläutert er. Solche Fälle lehnt er ab.

Weil nach deutschem Recht nur ausgebildete Rechtsanwälte auch rechtsberatend tätig sein dürfen, werden sogenannte Legaltechs wie Helpcheck misstrauisch von den klassischen Akteuren beäugt. Christian Duve, Rechtsanwalt für Finanz- und Gesellschaftsrecht aus Frankfurt, will das Angebot der Legaltechs jedoch nicht per se kritisieren. „Die Welt dreht sich weiter, und die digitale Technologie wird auch im Kontakt mit unseren Mandanten wichtiger“, sagt er. „Wenn Anwälte für das Legaltech die Fälle prüfen, ist das berufsrechtlich in Ordnung.“

Kosten abwägen

Den Vorteil von Dienstleistern wie Helpcheck sieht er in ihrer Schnelligkeit. „Kunden erhalten rasch eine Information dazu, ob sie ihren Vertrag widerrufen können oder nicht“, sagt er. „Der Algorithmus berechnet überschlägig, wie hoch eine Zahlung ausfallen könnte, falls der Widerruf möglich ist. Beim Anwalt wäre die Beratung aber wohl umfassender, schätzt er.

Allerdings können die Angebote teuer für den Kunden werden, gibt er zu bedenken. „Wer den Anwalt direkt beauftragt und den Rechtsstreit gewinnt, hat einen Anspruch auf Rückzahlung sowie Erstattung seiner Anwalts- und Gerichtsgebühren gegen die Versicherung“, sagt er. „Wer den Weg über ein Legaltech im Versicherungsmarkt geht, muss dagegen an dieses eine erhebliche Provision zahlen.“

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