Exzesse bei Privatlaborleistungen?

Privatärztlich zu erbringende Laborleistungen haben für Praxen einen unbestreitbaren Reiz - zu viel Reiz meinen Kritiker und wollen gegensteuern. Die GOÄ-Novelle könnte das Vehikel dafür sein.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:
Leistungen aus der Laborgemeinschaft stellen für Praxen ein heikles Leistungsgebiet dar. © Franz Pfluegl / Fotolia.com

Leistungen aus der Laborgemeinschaft stellen für Praxen ein heikles Leistungsgebiet dar. © Franz Pfluegl / Fotolia.com

© Franz Pfluegl / Fotolia.com

Laborleistungen für Privatversicherte sind derzeit - noch - einträglich. Die bevorstehende GOÄ-Novelle könnte das ändern. Manche Laborgemeinschaften leisten dem nach Meinung von Kritikern Vorschub. Der Stein des Anstoßes sind "Kostenlisten", auf denen Laborgemeinschaften Kosten und Erlöse für Privatlaborleistungen aufführen. Damit sollen offenbar Mitglieder von anderen Laborgemeinschaften abgeworben werden. Die Erlöse pro Parameter erreichen fast durchweg zweistellige Beträge, von rund zehn Euro bis zu 20 Euro, bezogen auf den GOÄ-Multiplikator 1,15. Der Haken: Es handelt sich um Parameter des Speziallabors (GOÄ-Abschnitt M III und M IV).

Beziehungsverbot gilt auch bei räumlicher Nähe

Ärzte können aus Laborgemeinschaften die Leistungen des Basislabors, die in Abschnitt M II des Gebührenverzeichnisses gelistet sind, beziehen und als eigene abrechnen. Leistungen aus den Abschnitten M III und M IV jedoch müssen persönlich oder unter der ständigen Aufsicht des Arztes, der sie abrechnet, erbracht werden. Sie dürfen nicht aus Laborgemeinschaften bezogen und eigenständig berechnet werden. Das gilt, wie der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) auf Anfrage mitteilt, nach seiner Auffassung auch dann, wenn ein Arzt seinen Sitz in räumlicher Nähe zur Laborgemeinschaft hat und sich damit zumindest theoretisch persönlich in die Laborgemeinschaft begeben könnte, um die Bedingungen für die Abrechenbarkeit von M-III- oder M-IV-Parametern zu erfüllen.

Dass in Preislisten auf die "entsprechenden Regularien der GOÄ" hingewiesen wird, ist aus Sicht von Kritikern - die sich dazu nur anonym äußern wollen - lediglich der Versuch, diese "kriminelle" Praxis zu bemänteln. Die große Mehrheit der Ärzte rechne Privatlaborleistungen korrekt ab, sagt ein Laborfachmann, doch durch einige wenige werde das System "für alle Ärzte ruiniert". Die Ärzteschaft werde die Rechnung bitter bezahlen müssen.

In der PKV sollen die Pro-Kopf-Ausgaben für ambulante Laborleistungen inzwischen das Viereinhalbfache der Pro-Kopf-Ausgaben für gesetzlich Versicherte erreichen. In einem Diskussionspapier von 2009 bezeichnete das Wissenschaftliche Institut der PKV dies als unverhältnismäßig. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass Niedergelassene einen erheblichen Teil ihres Mehrumsatzes bei Privatpatienten "durch extensive Veranlassung von Laborleistungen erzielen können". Es gilt als sicher, dass die für 2011 anstehende GOÄ-Novelle auch der Mengensteigerung im Privatlabor entgegensteuern wird.

Ob Preislisten Betrug sind, ist rechtlich nicht geklärt

Ob der mit den Preislisten suggerierte vorschriftswidrige Bezug von Speziallabor-Parametern aus der Laborgemeinschaft Betrug darstellt, ist indessen rechtlich nicht geklärt. Für die Privatpatienten und ihre Krankenversicherer entsteht kein Vermögensschaden - der Rechnungsbetrag ist derselbe, ob die Leistungen vom behandelnden, aber nicht zum Speziallabor berechtigten Arzt abgerechnet werden oder von einem Arzt, der die GOÄ-Vorschriften hierfür erfüllt.

In Hessen wurden vor ein paar Jahren nach Labordurchsuchungen zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen Speziallabor-Privatabrechnung gegen Zahlungsauflage eingestellt. Die Frankfurter "Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen" vertritt die Rechtsauffassung, dass Betrug vorliege, weil der abrechnende Arzt nicht Forderungsinhaber sei. Gerichtlich ist das noch nicht entschieden. In einem gleich gelagerten Fall, bei dem es um Beträge von über 100 000 Euro gehen soll, hat die Staatsanwaltschaft München nun Anklage erhoben.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Störfeuer aus dem Privatlaborbetrieb

Lesen Sie dazu auch: Kritik an Preislisten von Laborgemeinschaften

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion von Gilead Sciences beim DÖAK 2025 von links: Dr. Nazifa Qurishi, Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie, Gemeinschaftspraxis Gotenring Köln; Kelly Cavalcanti, HIV-Aktivistin und Referentin für Gesundheit und Empowerment, Köln, und Martin Flörkemeier, Senior Director Public Affairs, Gilead Sciences, München

© Gilead

Unternehmen im Fokus

HIV-Versorgung: Vertrauen in unruhigen Zeiten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie