Medizintechnik
Finnische KI nimmt sich Onkologie und Neurologie vor
Künstliche Intelligenz (KI) bietet gerade im medizinischen Kontext enormes Unterstützungspotenzial. Zwei Start-ups wollen Ärzte mit innovativen klinischen Lösungen überzeugen.
Veröffentlicht:Helsinki. „Land der Tausend Seen“ – mit diesem Synonym verbindet nahezu jeder in Europa Finnland, das in der Tat laut offiziellem Tourismusbüro über knapp 190.000 Seen vom Stadtgebiet Helsinkis bis zum Inari-See in Lappland verfügt.
Mit noch nicht einmal 5,5 Millionen Einwohnern ist Finnland aber auch Heimat einer blühenden Start-up-Wirtschaft mit mehr als Tausend Ideen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) – wenig verwunderlich angesichts der Tatsache, dass die Skandinavier nicht nur die Sauna, sondern auch die SMS sowie das Linux-Betriebssystem erfunden und Nokia maßgebliche Patente für die 5G-Technologie vorzuweisen hat.
Finnland hat weltweit die meisten digitalen Start-ups pro Kopf – über 400 von ihnen sind in der KI tätig. Viele davon haben das Potenzial, die künftige medizinische Versorgungslandschaft zu prägen, wie sich kürzlich bei einer Presseveranstaltung im virtuellen Format der Außenhandelsplattform „Business Finland“ zeigte.
Zeitsparende Mustererkennung
Bilder von Gewebeproben sind eine tragende Säule der Krebsdiagnostik. Pathologen müssen mitunter viel Zeit aufwenden, um einen entsprechenden Befund zu bewerten. Hier kann KI helfen, wie bereits unter anderem Radiologen am Uniklinikum Essen gezeigt haben, die zur Mustererkennung konsequent auf die Technik des Maschinellen Lernens (ML) innerhalb der KI setzen.
Das in Helsinki ansässige Start-up Aiforia adressiert mit seiner cloudbasierten KI-Mustererkennungslösung Pathologen und Wissenschaftler in präklinischen, akademischen und klinischen Labors, um die Geschwindigkeit, Genauigkeit und Konsistenz der Analyse großer und komplexer medizinischer Bilder zum Beispiel in der Onkologie voranzutreiben.
Die neuronalen Netze der KI-Software von Aiforia können nach Unternehmensangaben so trainiert werden, dass sie jedes Merkmal in jedem Bild erkennen und analysieren. Bisher seien bereits mehr als 1000 KI-Modelle mit Aiforia erstellt worden.
Da die Nachwuchs-Pathologen wie andere Fachärzte auch nicht vom Himmel fallen, die Prävalenz bei Krankheiten wie Krebs künftig aber eher zunehmen dürfte, können Pathologen mittels KI-basierter Unterstützung somit in gleicher Zeit mehr Proben analysieren als bisher.
Werkzeuge und Methoden nicht effizient genug
Ein weiteres Manko für die Pathologen ist, dass für sie die derzeit für die Bildanalyse zur Verfügung stehenden Werkzeuge und Methoden nicht hinreichend effizient genug sind, den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Die derzeitigen Methoden sind oft manuell, daher zeitaufwendig und anfällig für Subjektivität.
Durch die KI-gestützte Mustererkennung erhalten Pathologen zusätzlich neben der eigenen Einschätzung noch ein auf dem Vergleich mit ähnlichen Mustern generierte Diagnose, die sie dann abwägen können.
Nichts anderes, als die Intensivmedizin zu revolutionieren, das hat sich das im nordfinnischen Oulu beheimatete Start-up Cerenion zum Ziel gesetzt. Die Jungunternehmer stellen mit ihrer C-Trend®-Software für medizinische Geräte nach eigenen Angaben erstmals eine Lösung parat, um während der Eingriffe im OP das EEG von Intensivpatienten permanent und in Echtzeit zu interpretieren.
Das Unternehmen strebt nach eigenen Angaben an, die Technik zur Überwachung der Gehirnfunktion an große MedTech-Hersteller auszulizenzieren. Cerenion ist ein Spin-off der Universität Oulu in Nordösterbotten und wurde mit Unterstützung von Business Finland gegründet.
Einfacher Score zeigt Hirnaktivität
Laut Cerenion berechnet die Softwarelösung einen anhand der Kombination von Standard-EEG-Messungen mit fortschrittlichen ML-Algorithmen und KI ermittelten einfachen Index, der den Zustand und die Funktion des Gehirns auf einer Skala von 0 bis 100 misst.
Wichtig für das Pflegepersonal: Änderungen an der Pflege des Patienten seien dafür nicht erforderlich. Die klinisch validierte Messung könne als Software-Feature in EEG-Messgeräte und Patientenmonitore integriert werden.