PID und Abtreibung

Gleiches Recht für beide

Darf die Präimplantationsdiagnostik generell verboten werden? Nein, sagt der Europäische Menschenrechtsgerichtshof und rüffelt Italien - denn dann müsste auch Abtreibung verboten sein.

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ICSI: Ein Blick auf das Erbgut darf nicht einfach verboten werden, findet der EGMR.

ICSI: Ein Blick auf das Erbgut darf nicht einfach verboten werden, findet der EGMR.

© dpa

STRASSBURG (mwo). Einschränkungen bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) dürfen nicht weiter reichen als die für Abtreibungen.

Andernfalls besteht ein gesetzlicher Widerspruch, der unzulässig in das Privat- und Familienleben der Eltern eingreift, urteilte am Dienstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zum PID-Verbot in Italien.

Geklagt hatte ein Paar aus Rom. Ihre 2006 geborene Tochter leidet an Mukoviszidose. Eine Untersuchung ergab, dass beide Eltern eine entsprechende erbliche Veranlagung haben, ohne aber selbst erkrankt zu sein.

2010 war die Frau erneut schwanger. Weil der Embryo an Mukoviszidose erkrankt war, ließ sie ihn abtreiben. Das Paar wünscht sich ein Kind, das nicht an Mukoviszidose erkrankt ist.

Um hierfür nicht erneut und vielleicht noch mehrfach abtreiben zu müssen, wollen sie das Kind durch künstliche Befruchtung (IvF) mit gesunden Embryonen bekommen.

Die IvF ist in Italien aber nur unfruchtbaren Paaren erlaubt oder wenn der Mann eine durch Geschlechtsverkehr übertragbare Krankheit hat, etwa Aids oder Hepatitis B oder C.

Ähnliche Diskussion vor Jahren hierzulande

Die für die Auswahl gesunder Embryonen notwendige PID ist in Italien sogar ganz verboten. Dagegen ist die Abtreibung an Mukoviszidose erkrankter Embryonen "aus medizinischen Gründen" erlaubt.

Wie schon das römische Paar sah nun auch der EGMR in dieser Gesetzeslage einen deutlichen Widerspruch.

Italien rechtfertige das PID-Verbot unter anderem mit dem Gesundheitsschutz für die Mutter. Tatsächlich aber sei die erlaubte Abtreibung ein weit stärkerer und risikoreicherer Eingriff.

Nach dem Urteil muss Italien nun zumindest in diesem Einzelfall die künstliche Befruchtung mit PID zulassen. Zudem hat das Paar Anspruch auf eine Entschädigung von 15.000 Euro sowie weitere 2500 Euro für die Verfahrenskosten.

Wertungswidersprüche zu den Abtreibungs-Regelungen waren ein wichtiges Argument in der Diskussion um die PID auch in Deutschland.

Die Diskussion mündete in ein parteiübergreifend verabschiedetes Gesetz, das seit Ende 2011 die PID erlaubt, um schwere Erbkrankheiten zu verhindern. Ein völliges Verbot der PID besteht neben Italien auch noch in Österreich und der Schweiz.

Az.: 54270/10

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