Japan

Hoffnungsträger innovative Medizintechnik

Japan will im Inland die Gesundheitskosten senken und im Ausland stärkere Präsenz in puncto medizinischer Kompetenz zeigen. Gemeinsames Vehikel ist eine innovative und äußerst effiziente Medizintechnik.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Nippons Herz für Medizintechnik schlägt höher: Die Regierung in Tokio will den Absatz einheimischer Produktlösungen im Ausland fördern. Er soll sich bis 2030 verzehnfachen.

Nippons Herz für Medizintechnik schlägt höher: Die Regierung in Tokio will den Absatz einheimischer Produktlösungen im Ausland fördern. Er soll sich bis 2030 verzehnfachen.

© hikdaigaku86 / Fotolia.com

TOKIO. Die Kosten des japanischen Gesundheitssektors sind im internationalen Vergleich sehr hoch. 2013 erreichten sie laut OECD-Angaben bereits mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandproduktes - Tendenz steigend.

Zudem importiert Japan - als Heimat zahlreicher innovativer Anbieter - etwa 50 Prozent der Medizintechnik.

Beides sehen lokale Unternehmen nach Beobachtung der deutschen Außenhandelskammer Germany Trade & Invest (gtai) als Ansporn, sich stärker in diesem Bereich zu engagieren.

Vor allem bei bildgebenden Systemen für die medizinische Diagnostik werden Entwicklungschancen gesehen.

Rückendeckung bekommen die Unternehmen dabei von der Zentralregierung in Tokio. Denn diese will den Gesundheitssektor sichtbarer auf der globalen Karte platzieren.

Unter anderem soll die sehr importlastige Medizintechnikbranche in Zukunft mehr exportieren. Zu diesem Zweck sollen im Ausland Gesundheitsprojekte mit japanischer Beteiligung ins Leben gerufen werden.

Demografiewandel sorgt für Dynamik

Nippons Gesundheitssektor steht angesichts des demografischen Wandels bei den Strategieplänen der Regierung besonders im Blickfeld. Bis zum Jahr 2060 könnte der Anteil der über 65-Jährigen in dem Inselstaat auf bis zu 40 Prozent steigen. Dadurch wächst der Bedarf an medizinischer Versorgung drastisch.

Es ist laut gtai davon auszugehen, dass der Markt für ausländische Anbieter entsprechender Ausrüstungen auch in Zukunft lukrativ bleibt. Auf der anderen Seite soll die lokale Medizintechnikindustrie gestärkt werden. Angesichts der weltweit steigenden Nachfrage insbesondere in aufstrebenden Schwellenländern scheint Potenzial dafür vorhanden zu sein.

Im Rahmen einer international ausgerichteten Wachstumsstrategie plane die japanische Regierung beispielsweise die Eröffnung eines Zentrums für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Russland - auf Basis einer öffentlich-privaten Partnerschaft. Medizinische Geräte würden aus Japan geliefert.

Koordiniert werde das Projekt vom Medical Excellence Center Japan, das unter anderem mit der First Moscow State Medical University kooperiert.

Dabei solle auch ein Training durch zwei japanische Ärzte für etwa 300 russische Kollegen durchgeführt werden. Das Kardiologie-Trainingscenter dürfte zunächst Investitionen in Höhe von umgerechnet rund 7,8 Millionen Euro erfordern.

Die japanische Regierung plane, bis zum Jahr 2020 mindestens zehn derartiger medizinischer Einrichtungen im Ausland durch öffentlich-private Partnerschaften einzurichten.

Durch die vorhandene Kaufkraft im Mittleren Osten und den steigenden Wohlstand der Mittelschicht in asiatischen Ländern sei eine große Nachfrage an hochwertiger Medizintechnik abzusehen.

Der Export japanischer Branchenerzeugnissen sei bislang mit einer Größenordnung von rund 3,9 Milliarden Euro sehr überschaubar. Bis 2030 sollten die Medizintechnikausfuhren mithilfe staatlicher Unterstützung auf 39 Milliarden Euro wachsen.

Im Jahr 2014 hat die in Nagoya ansässige Japan International Medical Cooperation Organization (JIMCO) laut gtai eine Absichtserklärung in Bezug auf den Bau medizinischer Einrichtungen in Rangun unterzeichnet. Myanmar reformiert derzeit sein mangelbehaftetes Gesundheitswesen. Das zieht auch ausländische Investoren an (wir berichteten).

Kooperationen mit Unis

Neben den etablierten Unternehmen im Healthcare-Markt orientieren sich, so die gtai, derzeit verschiedene japanische Unternehmen in Richtung Medizintechnik um. Quereinsteiger kämen beispielsweise aus der Elektronikindustrie. Vom Know-how her betrachtet seien exemplarisch bildgebende medizinische Diagnostiksysteme für japanische Unternehmen interessant.

Gefragte Kooperationspartner auf der Suche nach Innovationen seien vor allem die Universitäten des Landes. So habe Canon zusammen mit der Kyoto University eine Technologie entwickelt, die dabei helfen soll, Magnetresonanztomografiegeräte kleiner und auch deutlich preisgünstiger zu machen.

Die Kosten der Kernspinntomografie könnten dadurch bis auf ein Zehntel der gegenwärtigen Aufwendungen reduziert werden, meldet die Nikkei Asian Review.

Dies dürfte unter anderem einen Meilenstein für die Krebsvorsorge bedeuten. Angaben des Gesundheitsministeriums zufolge starben im Jahr 2014 in Japan rund 370.000 Menschen an Krebs. Die Behandlungskosten hätten 2013 eine Summe von rund 26,56 Milliarden Euro erreicht.

Minebea habe zudem zusammen mit IBM Japan und der Chiba University ein System entwickelt, um den Atemverlauf von Patienten zu überwachen, ohne diese an Geräte anzuschließen. Somed entwickle ein neues 4K-Endoskopiesystem, das mit einem Hochgeschwindigkeits-Autofokus ausgestattet werde.

Auch Start-ups sind gefragt

Hogy Medical wolle ebenfalls seine Geschäftsaktivitäten im Bereich der Endoskopie-Chirurgie ausweiten. Es habe mithilfe eines Start-ups im Frühjahr 2015 ein System entwickelt, bei dem der Chirurg selbst bei Eingriffen die Endoskopiekamera, die an seinem Kopf befestigt ist, kontrollieren kann.

Im ersten Jahr hoffe das Unternehmen, insgesamt zehn Einheiten des rund 80.000 Euro teuren Systems zu verkaufen. Bei der Entwicklung weiterer Problemlösungen im Endoskopiebereich kooperiere Hogy Medical mit der Kyushu University.

Zunehmend akquirieren japanische Unternehmen im Medizintechnikbereich im Ausland. So hat Panasonic Healthcare Hersteller unter anderem von Geräten für die In-vitro-Diagnostik oder medizinischen IT-Anwendungen, im vergangenen Jahr das Diabetesgeschäft von Bayer übernommen.

Nikon schaut sich ebenfalls verstärkt im Ausland nach Geschäftsmöglichkeiten um. Es übernahm im Februar 2015 für etwa 350 Millionen Euro das britische Unternehmen Optos, einen der weltweit führenden Produzenten von Systemen zur digitalen Darstellung der Netzhaut.

Allerdings gibt es auch Firmen, die der Medizintechnik den Rücken kehren wollen: Ein Restrukturierungsplan von Toshiba beinhaltet die Veräußerung einer Medizintechnikeinheit, wie Ende vergangenen Jahres bekannt wurde.

Das Elektronikunternehmen will Toshiba Medical Systems abstoßen, eine Tochtergesellschaft, die auf diagnostische Bildgebungsverfahren spezialisiert ist.

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