Deutscher Zukunftspreis 2017

Im Zeichen von Medizin und Pflege

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ehrt Forscher für ihre Leistungen im Bereich kollaborative Robotik – unter anderem zum Einsatz in Klinik und Pflege. Auch die anderen in der Endrunde für den Deutschen Zukunftspreis Nominierten stechen mit medizintechnischen Lösungen hervor.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verleiht im Beisein seiner Gattin Elke Büdenbender den Deutschen Zukunftspreis 2017 an (v.l.) Sven Parusel, Professor Sami Haddadin und Dr. Simon Haddadin.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verleiht im Beisein seiner Gattin Elke Büdenbender den Deutschen Zukunftspreis 2017 an (v.l.) Sven Parusel, Professor Sami Haddadin und Dr. Simon Haddadin.

© Deutscher Zukunftspreis/bildschön

BERLIN. Großer Bahnhof für Professor Sami Haddadin, Direktor am Institut für Regelungstechnik der Leibniz Universität Hannover, den Arzt Dr. Simon Haddadin sowie den Informatiker Sven Parusel am Mittwochabend in Berllin: Mit ihrem gemeinsamen Projekt "Mittelpunkt Mensch - Roboterassistenten für eine leichtere Zukunft" räumen sie als Sieger des diesjährigen Deutschen Zukunftspreises unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier ab.

Der Bundespräsident ehrt mit dem jährlich ausgeschriebenen und mit 250.000 Euro dotierten Preis für Technik und Innovation zukunftsweisende Lösungen – über alle Lebensbereiche und Industriesparten hinweg. Die Medizin ist hierbei auch immer wieder vertreten, wie zum Beispiel 2012, als das Hörforscher-Team um den Oldenburger Physiker und Mediziner Professor Birger Kollmeier für ihren Beitrag zur binauralen Hörsystemtechnik geehrt wurden, oder 2009, als das Forscherteam der Bayer Schering Pharma AG um Dr. Frank Misselwitz den Deutschen Zukunftspreis für die Entwicklung des Faktor-Xa-Inhibitors Rivaroxaban (Xarelto®) erhielten.

"Die diesjährigen Preisträger haben ein neuartiges Konzept für kostengünstige, flexible und intuitiv bedienbare Roboter entwickelt. Es macht Automaten zu Helfern des Menschen – und erschließt dem kooperativen maschinellen Assistenten der Robotik eine breite Palette neuer Anwendungen, etwa in der Industrie und in der Unterstützung alter, kranker oder behinderter Menschen", hieß es aus dem Bundespräsidialamt.

Wie die Helmholtz-Gemeinschaft hinweist, haben das Bruderpaar Haddadin und Parusel jahrelang am Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) geforscht, bevor sie sich für eine Ausgründung mit dem Ziel entschieden, eine neue Robotergeneration zu bauen. Die Gründung des Unterenhmens Franka Emika sei früh von dem Ausgründungsprogramm "Helmholtz Enterprise" gefördert worden.Die Vision sei es es stets gewesen, Roboter auf den Markt zu bringen, die dem Menschen unangenehme Arbeiten abnehmen und die nicht mehr neben den Menschen her, sondern mit ihnen zusammenarbeiten können. Es sollten sensible, sichere und leicht bedienbare Roboter sein, die viele neue Anwendungen in der Industrie und im privaten Umfeld ermöglichen. Das Konzept der Preisträger für kostengünstige, flexible und intuitiv bedienbare Roboter mache Automaten somit zu Kollegen und Helfern des Menschen – und erschließe dem kooperativen maschinellen Assistenten der Robotik eine breite Palette neuer Anwendungen – so eventuell auch im Bereich der Pflege.

Damit diese Vision Wirklichkeit werden kann, müssen die Roboter nicht nur flexibler, sondern auch deutlich kostengünstiger sein. Bei Franka Emika werden sie deshalb nicht aufwändig mit Codes für ein ganz begrenztes Aufgabengebiet programmiert, sondern mittels so genannter Roboter-Apps gesteuert, die mit einer einfachen Benutzerebene ausgestattet sind und von Laien bedient werden können. Programmierkenntnisse seien nicht erforderlich. Der Clou dabei: Die Tätigkeiten, die der Roboter ausführen soll, muss ihm der Mitarbeiter lediglich vormachen. Daraus lernt die Maschine und kann das erworbene Wissen selbstständig auch für andere Herausforderungen nutzen - eine Fähigkeit, die herkömmliche Industrieroboter nicht haben. Durch die kurze Zeit des "Einlernens" steht der Roboter binnen kürzester Zeit auch für andere Aufgaben zur Verfügung.

Damit es nicht zu Verletzungen kommt, wenn der Mensch so eng mit Robotern von Franka Emika zusammenarbeitet, besäßen die aus ultraleichten Komponenten bestehenden Maschinen in allen Gelenken empfindliche Sensoren und führten Bewegungen so aus, wie sie auch beim Menschen verlaufen würden. Sie reagierten bereits auf leichten Kontakt und verhinderten so Verletzungen durch Kollisionen. Das ist gerade im Pflegebereich sehr wichtig, in dem dieser Aspekt noch eine hohe Hürde für den flächendeckenden Robotereinsatz darstellt – neben offenen Ethik- und Rechtsfragen.

Steinmeier ehrte in Berlin noch zwei weitere Forscherteams, die in die Endrunde der Nominierten für den Deutschen Zukunftspreis gekommen waren. So reüssierten Dr. Klaus Dieter Engel und Dr. Robert Schneider von Siemens-Healthineers mit der von ihnen gemeinsam mit Professor Franz Fellner vom Kepler Uniklinikum Linz entwickelten Visualisierungstechnik "Cinematic Rendering". Diese erzeugt laut Siemens in der Radiologie-Befundungssoftware Syngo.via fotoreale und hyperreale, dreidimensionale Abbildungen des Patienten aus CT- und MRT-Rohdaten. Schon vor einer Op könne so ein sehr genauer Überblick über die Patientenanatomie und Pathologie erlangt und der Eingriff präzise geplant werden.

Stefan Schulz, Adrian Andres und Matthias Baßler vom Anbieter Vincent Systems erhielten eine Urkunde des Bundespräsidenten für die Entwicklung nutzerindividueller Handprothesen im Rahmen ihres Projektes "Helfende Hände – maßgeschneiderte Hightech-Prothesen". Die Prothesen mit weichen Kunststoffhüllen erlaubten eine ähnliche Haptik wie die Haut.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Großer Bahnhof für Tüftler

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