Ist die Karten-Skepsis der Ärzte nur ein Aufklärungsproblem?

BERLIN (ger). Bei den Diskussionen um die elektronische Gesundheitskarte (eGK) hat sich noch keiner die Mühe gemacht, Ärzten den Nutzen der Karte wirklich zu erklären. Aus diesem Unwissen heraus sind die Bedenken vieler Ärzte verständlich. Wenn den Ärzten aber dieser Nutzen klar wäre, würden sie das Projekt selbst vorantreiben, haben Hubert Haag und Martin Gödecke von T-Systems im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" vor dem Start der conhIT gesagt.

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Hubert Haag, Geschäftsbereichsleiter Gesundheitswesen, und Martin Gödecke, Leiter strategische Projekte Telematik im Gesundheitswesen bei T-Systems, machen sich keine Illusionen darüber, dass die eGK schon 2008 an viele Millionen Versicherte ausgegeben werden könnte. "In diesem Jahr werden wohl nur wenige Karten ausgegeben", glaubt Gödecke. T-Systems hat den Zuschlag für den MPLS-Backbone und einen Zugangsdienst erhalten - das sind zwei Elemente in der Vernetzung des Gesundheitswesens über die eGK. Die Telekom-Tochter ist als Anbieter damit unmittelbar interessiert an einem baldigen Start der Vernetzung.

Das Unternehmen werde zwar noch in diesem Jahr alles bereitstellen können, für erste Online-Kartentests müsse aber auch die übrige Netz- und Karteninfrastruktur stehen, so Gödeckes Einschätzung.

Ein Grad der Vernetzung wie in der Steinzeit?

An der neuen Gesundheitskarte sei auf jeden Fall positiv zu bewerten, dass die Gesundheitsbranche so endlich gezwungen sei, sich zu vernetzen. Gödecke: "Im Vergleich mit Branchen wie der Automobilindustrie ist der Grad der Vernetzung hier wirklich noch wie in der Steinzeit." T-Systems ist in vielen Branchen bei der elektronischen Vernetzung der Akteure aktiv. Hubert Haag führt das Papierrezept als Beispiel an: "Ich bin kein Computerexperte, aber es tut mir in der Seele weh, zu sehen, wo die Energie hinfließt. Mehr als 700 Millionen Papierrezepte gehen jährlich über den Ladentisch. Die Prozesskette - vom Computer auf Papier, wieder in den Computer wieder aufs Papier - ist wirklich beeindruckend", sagt er ironisch. Dabei bringe etwa das E-Rezept für Ärzte ja eigentlich noch keinen großen Nutzen. Größere Effekte kämen aus Feldern, die mit der Karte zunächst nicht unbedingt etwas zu tun haben, sagt Haag und führt an: "Elektronische Signatur, neue IT-Struktur in Krankenhäusern, elektronische Vernetzung zwischen Kliniken und Praxen."

Die Diskussion über den Datenschutz sei dabei "teilweise nicht ganz ehrlich", sagt Haag. "Einerseits wird immer wieder die Befürchtung geäußert, der Patient werde gläsern. Wenn es dann aber darum geht, Prozesse im Gesundheitswesen hoch sicher zu gestalten, dann wird oft das Argument ins Feld geführt, das dauere zu lang und sei in der Arztpraxis nicht umsetzbar." Beides widerspreche sich - hohe Sicherheit sei nicht ohne gewissen Aufwand zu haben.

100-prozentige Sicherheit gibt es nicht

Es gebe "nie eine 100-prozentige Sicherheit", ergänzt Gödecke. Aber im Vergleich zu der Kommunikation via Papier wie etwa per Fax oder Arztbrief sei eine verschlüsselte Online-Kommunikation viel sicherer. "Bei der eGK reden wir über Kommunikationsprozesse, die vergleichbar mit den höchsten Sicherheitsstandards in anderen Branchen sind", sagt Gödecke. Das komme in den Diskussionen um die eGK leider oft zu kurz.

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