Impfstoff-Deal

Kasse hätte bei Vakzinen mehrere Optionen

Die Vergabekammer hat die Preisvereinbarung der AOK Nordost mit drei Apothekerverbänden zur Grippeimpfstoffversorgung 2018/19 für unzulässig erklärt. Zugleich sagt sie, wie es gehen könnte.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Nicht hinschauen! Der Streit zwischen AOK Nordost und Impfstoffherstellern gewinnt mit anhaltender Dauer nicht an Übersichtlichkeit.

Nicht hinschauen! Der Streit zwischen AOK Nordost und Impfstoffherstellern gewinnt mit anhaltender Dauer nicht an Übersichtlichkeit.

© Gina Sanders / Fotolia

BONN/BERLIN. Nachdem die Vergabekammer des Bundes die Festpreisvereinbarung der AOK Nordost über viervalenten Grippeimpfstoff gekippt hat (Az.: VK  2 - 30/18), fordert der Pharmaverband BPI jetzt ein generelles Ausschreibungsverbot für Impfstoffe.

Vize-Geschäftsführer Dr. Norbert Gerbsch: "Der Gesetzgeber muss dringend klarstellen, dass Ausschreibungsmodelle seinen Zielen einer stabilen Impfstoffversorgung und einer hohen Impfquote widersprechen".

Der BPI reagiert damit auf die Tatsache, dass die Vergabekammer der AOK zwar zur Last legt, eine öffentliche Beschaffung unter Umgehung vergaberechtlicher Anforderungen zu tätigen. Grundsätzlich seien Ausschreibungen jedoch zulässig. "Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht", heißt es im Beschlusstext, werde der AOK Nordost "aufgegeben, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchzuführen".

Selektivverträge impliziert keine Freistellung vom Vergaberecht

Ausdrücklich stellt die Kammer zudem fest, dass der für Selektivverträge zwischen Kassen und Apothekerschaft auf Landesebene einschlägige 5. Absatz des Paragrafen 129 SGB V "keine Freistellung vom Vergaberecht impliziert".

Ohne Ausschreibung dürfte die Kasse Rabatte oder Erstattungspreise nur dann vereinbaren, wenn sie keine Lenkung der Verordner auf das günstigste Produkt hin vornimmt; denn dann handelte es sich auch nicht um einen öffentlichen Auftrag. Im konkreten Fall jedoch würden die Ärzte auf das günstigste Produkt – nämlich das des Herstellers Mylan – schon allein dadurch gelenkt, dass "sich eben nicht alle Marktteilnehmer an der Liefervereinbarung beteiligen".

Dagegen hätten sich an vergleichbaren früheren Festpreisvereinbarungen der AOK Nordost zu trivalenten Grippeimpfstoffen immer alle Anbieter beteiligt; vergaberechtlich seien diese deshalb unproblematisch gewesen. Will die AOK weiterhin Vorteile beim Impfstoffeinkauf aushandeln, hätte sie laut Vergabekammer mehrere rechtskonforme Alternativen:

Sie könnte eine an Apotheken adressierte Ausschreibung starten. Wobei die Apotheken ihrerseits wieder nach Gutdünken Preisvereinbarungen mit Herstellern treffen könnten. Denn da Apotheken keine öffentlichen Auftraggeber seien, müssten sie auch keine Rücksicht auf vergaberechtliche Formalitäten nehmen.

Hersteller adressiertes Vergabeverfahren möglich

Die AOK könnte aber auch ein an Hersteller adressiertes Vergabeverfahren durchführen. Die mit dem Versorgungsstärkungsgesetz Mitte 2017 gestrichene Exklusivbindung der Impfstoffversorgung an die Produkte der jeweiligen Rabattpartner (so vordem in § 132e Absatz 2 SGB V formuliert) stellt nach Auffassung der Vergabekammer "jedenfalls kein vergaberechtliches ‚Ausschreibungsverbot‘ den Herstellern gegenüber" dar.

Will die Kasse keine konkrete Herstellerauswahl treffen, könnte sie auch ein Open-House-Verfahren wählen, bei dem sie dem Markt einseitig die Konditionen diktiert.

Trotz dieser Optionen zeigt sich die AOK Nordost mit dem Beschluss der Vergabekammer unzufrieden. Man bedauere die Entscheidung, heißt es, und werde prüfen, ob dagegen "Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt wird".

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Arzneimittel-Verschreibungsverordnung

Neue Zielgruppen für die Naloxon-Verordnung

Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Pneumokokken-Kinderimpfquote steigern!

© William - stock.adobe.com

Anstieg angehen:

Pneumokokken-Kinderimpfquote steigern!

Anzeige | MSD Sharp & Dohme GmbH
Familie_Strandperle_19966847.jpg; 19966847, Familie; MKC; Lizenzfrei; Strandperle; Bildnummer 19966847; Rechnungsnummer R6745624033; Lizenznehmer: MSD Sharp & Dohme GmbH, München

© Shutterstock / MKC

Impfungen

Impfstoffe – Krankheiten vorbeugen, bevor sie entstehen

Anzeige | MSD Sharp & Dohme GmbH
HPV-Impfung für Erwachsene

© syedfahadghazanfar / shutterstock

Eine Rechnung, die aufgeht!

HPV-Impfung für Erwachsene

Anzeige | MSD Sharp & Dohme GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
AMNOG-Verfahren: Plädoyer für ein Update

© Springer Medizin Verlag GmbH

AMNOG-Verfahren: Plädoyer für ein Update

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie