Medica

Keine Spielereien auf Kassenkosten

Treffen sich ein Arzt, ein Blogger und der Gesundheitsminister: Was sich wie ein Witz anhört, ist bei der Medica Tatsache. Sie sprachen über den Sinn und Unsinn von Gesundheits-Apps – und, welche die Kassen bezahlen sollten.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Viel zu sehen auf der Medica 2016 – und zu hören: Unter anderem Bundesgesundheitsminister Gröhe und Blogger Sasha Lobo sprachen.

Viel zu sehen auf der Medica 2016 – und zu hören: Unter anderem Bundesgesundheitsminister Gröhe und Blogger Sasha Lobo sprachen.

© MesseDüsseldorf / ctillmann

DÜSSELDORF. Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien wird nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse (TK), Dr. Jens Baas, die Entwicklung im Gesundheitswesen maßgeblich bestimmen.

E-Health-Anwendungen und die Telemedizin seien für den Ausbau der Versorgung "extrem wichtig", sagte der TK-Chef am Montag in Düsseldorf zur Eröffnung des vierten Medica Econ Forum by TK im Rahmen der diesjährigen Auflage der weltgrößten Medizinmesse.

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Veröffentlicht: 16.11.2016

"Wir müssen aufpassen, dass die Entwicklung uns nicht überholt", so Baas. Um das deutsche Gesundheitssystem zukunftssicher zu gestalten, müsse die telematische Infrastruktur zügig ausgebaut werden.

Ein weiterer Trend, den es nach Ansicht des TK-Chefs zumindest in Teilen noch zu regulieren gilt, seien die boomenden Gesundheits-Apps. Wie eine jüngst veröffentlichte Marktanalyse des Berliner Marktforschungsunternehmens Research2Guidance zeigt, stehen in den großen App-Stores weltweit bereits rund 259.000 Gesundheits-Apps zum Download bereit.

Wie valide sind die Daten von Gesundheits-Apps?

Knackpunkt dabei sei die Validität der gemessenen Daten, verdeutlichte Baas in Düsseldorf. Solle die Solidargemeinschaft, also die Kassen, für die Kosten einer App aufkommen, so müsse der medizinische Nutzen auf Basis validierter Daten im Mittelpunkt stehen, postulierte er.

Baas, selbst Arzt, forderte eine ganz klare Trennlinie zwischen "Spielzeug-Lösungen" und anderen Gesundheits-Apps. Schrittzähler müssten nicht validiert werden, sofern sie nur zum Spaß angewendet würden, führte er ins Feld. Da sei die Kasse aber auch raus.

Gehe es aber darum, dass eine App auf Basis gemessener Glukosewerte die Insulinzufuhr via Pumpe steuere, müsse diese Lösung als Medizinprodukt klassifiziert und entsprechend reguliert werden.

Gröhe verpricht Regulierung

Hier sprang Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe dem TK-Chef bei. Es werde eine Regulierung für diesen kassenrelevanten Bereich geben, versprach er – allerdings, ohne ins Detail zu gehen. Gröhe verbucht diesen Prozess unter dem Stichwort Qualität – eine Maxime seines Handelns im Gesundheitswesen.

Auf schnelles Handeln drängte auch Sascha Lobo, seines Zeichens einer der bekanntesten Blogger Deutschlands. Potenzial böten aus Patientensicht nur solche Gesundheits-Apps, deren Daten via Zertifizierung validiert seien, hob er hervor.

Seiner Ansicht nach mangele es vielen Patienten und Verbrauchern in Deutschland, die auf Gesundheits-Apps setzen, noch an einer digitalen Gesundheitskompetenz. Viele vertrauten immer noch auf algorithmisch berechnete Werte, auch wenn sie offensichtlich Nonsens seien, hob er hervor und verwies auf Schrittzähler, bei denen selbst im Sitzen nur durch Handbewegungen Schritte gezählt würden.

Patient muss über Datenschutz entscheiden

In puncto Datenschutz waren sich Baas, Gröhe und Lobo einig, dass allein der Patient entscheiden müsse, ob er seine via Gesundheits-Apps gewonnenen Daten seiner Kasse zur Verfügung stelle – zum Beispiel im Zuge eines Bonusprogramms .

Potenzial sieht Lobo in app-basierten Lösungen, die einer Kasse die Adhärenz eines Versicherten dokumentierten, indem sie die Medikamenteneinnahme meldeten. Erste Gehversuche mit solch sensorgestützter Arznei hat bereits das US-Unternehmen Proteus Digital Health unternommen.

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