Werbung mit Gesundheitsbezug

Lebensmittelbranche setzt immer wieder unzulässig auf Hilfe und Heilung

Für Allerweltsprodukte ein Alleinstellungsmerkmal zu finden, ist gar nicht so einfach. Da ist „Gesundheit“ ein willkommenes, wenngleich meist unerlaubtes Bindemittel.

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Berlin. Die Lebensmittelindustrie bedient sich offenbar immer häufiger gesundheitsbezogener Vermarktungsstrategien – und provoziert damit Vorwürfe, unter falscher Flagge zu segeln.

Aktuell mahnt etwa die Verbraucherorganisation foodwatch gleich mehrere Lebensmittelunternehmen wegen irreführender Gesundheitswerbung ab: Laut Mitteilung vom Freitag die Drogeriekette dm für deren „Immun-Smoothie für Kinder“, die Firma Barnhouse Naturprodukte für das Müsli „Krunchy Immune Plus“ sowie den Getränkehersteller Voelkel für dessen Fruchtsaft „BioC Immunkraft“.

„Die Unternehmen erweckten den Eindruck“, heißt es, „ihre Produkte seien gesundheitsfördernd und stärkten die Abwehrkräfte“. Damit verstießen sie jedoch gegen die Europäische Health Claims-Verordnung, wonach gesundheitsbezogene Werbung nur gemäß europabehördlich freigegebener Formulierungen erlaubt ist. Zudem seien die beworbenen Produkte „teuer und überzuckert“.

„Immun Water“ geht auch nicht

Werbeversprechen der Lebensmittelbranche, die aufs Immunsystem zielen, sind bereits gerichtsanhängig. Erst kürzlich hatte das Oberlandesgericht Koblenz dem Getränkehersteller Eckes Granini untersagt, sein Produkt „hohes C Immun Water“ entsprechend zu bewerben. Zwar befand sich auf der Flasche in kleinerer Schrift die Angabe „Vitamin C und D tragen zur normalen Funktion des Immunsystems bei“, was durch die EU-Health-Claims-Verordnung gedeckt ist.

Doch sei diese Aussage nicht identisch mit der Benamung als „Immun Water“. Zudem, so das Gericht weiter, werde die behauptete Wirkung auf das Immunsystem nicht den Vitaminen, sondern dem Getränk als solchem zugeschrieben. Geklagt hatte in diesem Fall der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Auch die Bad Homburger Wettbewerbszentrale meldet erneute, erstinstanzlich erfolgreiche Unterlassungsklagen in Sachen irreführender Gesundheitswerbung. Danach hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main Mitte November einem Händler auf der Online-Plattform Amazon untersagt, Mineraltabletten als „Dextro Energy Zero Calories Tabletten – Anti-Kater“ anzubieten.

Krankheits-Assoziation reicht schon

Hier beriefen sich die Wettbewerbshüter auf die europäische Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), wonach es verboten ist, Lebensmitteln Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten zuzuschreiben. Das Gericht habe sich der Auffassung der Kläger angeschlossen, heißt es in einer Mitteilung, dass „ein Kater aufgrund von zu viel Alkoholkonsum als Krankheit einzustufen sei“. Der Zusatz „Anti-Kater“ habe deshalb zu unterbleiben.

Erst zwei Wochen zuvor hatte die Wettbewerbszentrale auf gleicher Argumentationslinie dem Mainzer Hersteller Founderholics untersagen lassen, sein Elektrolyt Getränk „After Party Shot“ mit Aussagen anzupreisen wie: „Die After Party Shots mit der Power natürlicher und hochwertiger Inhaltsstoffe stehen dir in langen Nächten und beim Genuss von leckeren Drinks zur Seite“.

Auch ohne konkrete Begriffe wie „Alkohol“ oder „Kater“ zu verwenden, spielt diese Werbung laut Mainzer Landgericht doch mit einem unzulässigen Krankheitsbezug. Der Gesamteindruck der Werbung suggeriere, „dass das Produkt beim Genuss alkoholischer Getränken unterstütze und die anschließende Erholung fördere“, rekapituliert die Wettbewerbszentrale. Dabei müsse die Krankheit nicht direkt angesprochen werden. Das Verbot der EU-Lebensmittelinformationsverordnung greife schon, wenn die Werbung eine Krankheit assoziieren lasse. (cw)

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