Missbrauch: Schmerzensgeld trotz Gedächtnislücke

Die Verjährungsfrist für Klagen auf Schmerzensgeld infolge sexuellen Missbrauchs beginnt nach einem Gerichtsurteil für die Opfer erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der Schaden zur Kenntnis genommen wird. Gedächtnislücken schaden den Opfern somit juristisch nicht.

Veröffentlicht:

OLDENBURG (maw). Die Verjährung eines Anspruchs auf Schmerzensgeld beginnt für Kläger erst mit der Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Darauf weist der Hagener Fachanwalt für Strafrecht Jürgen Klenk vom Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger (VdSRV) mit Blick auf ein noch nicht rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hin.

Habe ein Tatopfer das Tatgeschehen aufgrund einer psychischen Traumatisierung verdrängt, beginne die Verjährungsfrist erst mit Eintritt der Erinnerung an das Geschehene, so Klenk.

Im konkreten Fall sei ein heute 34-jähriger Polizeibeamter als Elfjähriger von einem Nachbarn seiner Großeltern sexuell missbraucht worden. Das Tatgeschehen habe er nach seinen Angaben bis 2005 vollständig verdrängt gehabt.

Erst als seine Schwester anlässlich einer Familienfeier ihren eigenen Missbrauch durch denselben Nachbarn offenbarte, sei die Erinnerung zurückgekehrt. Er erstattete Anzeige und forderte Schmerzensgeld.

Das Landgericht (LG) Osnabrück verurteilte den Beklagten laut Klenk zur Zahlung von 7500 Euro Schmerzensgeld. Der Beklagte hatte gegen dieses Urteil Berufung mit der Begründung eingelegt, der Schmerzensgeldanspruch sei spätestens drei Jahre nach Eintritt der Volljährigkeit des Klägers verjährt gewesen. Die Berufswahl des Klägers sei zudem eine bewusste Bewältigungsstrategie gewesen.

Zwar habe bei dem Kläger kein Gedächtnisverlust im Sinne einer Amnesie vorgelegen. Diesem stehe jedoch die konsequente Verdrängung aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung gleich.

Zwar habe der Geschädigte zu beweisen, dass tatsächlich eine solche Verdrängung des Tatgeschehens stattgefunden habe. Durch das vom LG eingeholte Sachverständigengutachten sei dies jedoch bestätigt worden. Auch die vom Landgericht festgesetzt Höhe des Schmerzensgeldes sei angemessen, so das OLG.

Az.: 13 U 17/11

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Chronisch kranke Kinder

Mangelernährung frühzeitig erkennen und konsequent angehen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Danone Deutschland GmbH, Frankfurt/Main
Rett-Syndrom: früh diagnostizieren, Betroffene bestmöglich fördern und Familien entlasten

© Olia / Generated with AI / stock.adobe.com

Neurologische Entwicklungsstörung

Rett-Syndrom: früh diagnostizieren, Betroffene bestmöglich fördern und Familien entlasten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Acadia Pharmaceuticals (Germany) GmbH, München
Abb. 1: Phenylketonurie – Phenylalanin-Zielwerte und Monitoring während der Lebensphasen

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [2, 3]

Enzymersatztherapie der Phenylketonurie

Pegvaliase: anhaltendes Ansprechen, flexiblere Ernährung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: BioMarin Deutschland GmbH, Kronberg am Taunus
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!