Frühe Nutzenbewertung

Nach erneuter Bewertung: G-BA attestiert Selpercatinib „erheblichen Zusatznutzen“

Nach anfänglichem Scheitern in der frühen Nutzenbewertung hat der Hersteller des Kinasehemmers Selpercatinib jetzt aussagekräftige Studiendaten geliefert – und erhält die höchste Nutzenkategorie, die der G-BA zu vergeben hat.

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Berlin. Auf Datenbasis einer noch laufenden randomisierten klinischen Studie hat der G-BA nach einem erneuten Bewertungsverfahren dem Wirkstoff Selpercatinib jetzt einen erheblichen Zusatznutzen bescheinigt. Dies ist die höchste Nutzenkategorie. Sie gilt für die Behandlung von Patienten ab zwölf Jahren mit einem fortgeschrittenen RET-mutierten medullären Schilddrüsenkarzinom in der Erstlinien-Therapie. Zweckmäßige Vergleichstherapien waren Vandetanib oder Cabozantinib.

Im Unterschied zu den ersten Nutzenbewertungen des Tyrosinkinasehemmers von Eli Lilly im September 2021 und im März 2023, bei denen der pharmazeutische Unternehmer keine bewertbaren Daten vorgelegt hatte und der G-BA keinen Zusatznutzen attestieren konnte, lagen nun aussagefähige Ergebnisse aus randomisierten klinischen Studien vor. In Erwartung dessen hatte der G-BA seine vormaligen Beschlüsse befristet.

Einen Zusatznutzen stellte der Bundesausschuss für alle Nutzenkategorien fest. Insbesondere gilt dies für den Endpunkt Gesamtüberleben, bei dem sich ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten von Selpercatinib ergeben hat. Ebenfalls signifikant vorteilhaft wirkt sich der Wirkstoff auf Morbiditätsaspekte wie Fatigue, Übelkeit und Erbrechen, Schmerzen, Schlaflosigkeit Appetitverlust und Diarrhöe aus.

Dies hat positive Folgen für eine signifikant bessere gesundheitsbezogene Lebensqualität, zu der in besagter RCT-Studie ebenfalls aussagefähige Daten erhoben wurden. Dies gilt allerdings nur für Patienten bis 65; für ältere konnte dies nicht mehr bestätigt werden. Bei den Nebenwirkungen wurden signifikant weniger schwere unerwünschte Ereignisse festgestellt.

Neues Migränemittel ohne Fortune

Keinen Zusatznutzen aufgrund fehlender geeigneter Daten machte der G-BA anlässlich seiner Plenarsitzung am Donnerstag für den Wirkstoff Rimegepant. Das gilt sowohl für den Einsatz gegen akute Migräne als auch zur Migräneprophylaxe erwachsener Patienten, die mindestens vier Attacken im Monat haben.

Ebenfalls keinen Zusatznutzen konnte der Bundesausschuss mangels geeigneter Daten für den Wirkstoff Dalbavancin feststellen, der nun auch zur Behandlung von Kindern ab der Geburt bis unter drei Monaten zugelassen ist, die unter einer akuten bakteriellen Haut- und Weichteilgewebsinfektion leiden.

Einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen erkannte der G-BA dem Antikörper Guselkumab gegen moderaten bis schweren Morbus Crohn, der auf eine konventionelle Therapie oder eine Biologika-Therapie unzureichend oder nicht mehr anspricht. Signifikante Vorteile wurden hinsichtlich der Morbidität – in diesem Fall die kortikoidfreie Remission –, und der Lebensqualität (soziale Teilhabe) festgestellt. Für die Indikation Colitis ulcerosa konnte hingegen kein Zusatznutzen bestätigt werden.

Eltrombopag off label gegen Aplastische Anämie?

Für Datopotamab gegen inoperablen oder metastasierten Brustkrebs (HR+/HER2-negativ) bei Patienten, die bereits eine medikamentöse Therapie und mindestens eine Chemotherapie erhalten haben, ließen sich in der Nutzenbewertung zwar teils geringere Nebenwirkungen feststellen. Dies reichte aber nach Auffassung des G-BA nicht aus, einen Zusatznutzen zu bestätigen.

Weil das Orphan Drug Asciminib (gegen chronisch myeloische Leukämie) die Jahresumsatzgrenze von 30 Millionen Euro überschritten hat, wurde nun eine vollständige Nutzenbewertung erforderlich. Für eine Patienten-Subgruppe wurde ein moderater Vorteil hinsichtlich der Lebensqualität und seltener auftretender Nebenwirkungen festgestellt. Womit dem Wirkstoff ein geringer Zusatznutzen zuzusprechen war.

Der Expertengruppe Off Label Use beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erteilte der G-BA den Auftrag, den Wissensstand zum Einsatz des Wirkstoffs Eltrombopag für die nicht zugelassene Indikation „Aplastische Anämie in der Erstlinientherapie“ zu bewerten. Kommt es zu einer positiven Empfehlung, kann das Arzneimittel als zulässiger Off Label Use zu Lasten der GKV verordnet werden. (HL)

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