SMS vom Chef

Notfallsanitäter muss Dienstplanänderung in seiner Freizeit nicht prüfen

Feierabend ist Feierabend: Arbeitnehmer müssen sich nur während ihrer Arbeitszeit darüber informieren, wann sie möglicherweise für Kollegen einzuspringen haben. Das hat ein Landesarbeitsgericht im Fall eines Notfallsanitäters entschieden.

Veröffentlicht:
Nach Feierabend ist ein Arbeitnehmer nicht mehr verpflichtet, sich über kurzfristige Änderungen seines Dienstplans zu informieren.

Nach Feierabend ist ein Arbeitnehmer nicht mehr verpflichtet, sich über kurzfristige Änderungen seines Dienstplans zu informieren.

© Farknot Architect / stock.adobe.com

Kiel. Ein Arbeitnehmer muss sich in seiner Freizeit nicht über Änderung seines Dienstplanes schlaumachen. Weder muss er einen Telefonanruf seines Arbeitgebers annehmen noch eine SMS lesen, entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein einem kürzlich veröffentlichten Urteil.

Im konkreten Fall ging es um einen angestellten Notfallsanitäter, bei dem die wöchentliche Arbeitszeit inklusive Bereitschaftsdienstzeiten 48 Stunden betrug. In einer Betriebsvereinbarung wurde festgelegt, dass die Notfallsanitäter auch zu Springerdiensten verpflichtet werden können, etwa bei kurzfristiger Erkrankung eines Kollegen.

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer am Vortag bis spätestens 20:00 Uhr darüber informieren, dass er als Springer tätig sein soll. Mitarbeiter hatten die Möglichkeit, im Internet den aktuellen Dienstplan einzusehen.

Arbeitnehmer abgemahnt

Der Kläger sollte jeweils einen Tag im April und September 2021 kurzfristig als Springer eingesetzt werden. Der Arbeitgeber trug dies kurzfristig in den Dienstplan ein und versuchte, den Mann am Vorabend während seiner Freizeit zu erreichen. Doch der Notfallsanitäter nahm Anrufe nicht an und reagierte auch nicht auf eine SMS. Erst am jeweils nachfolgenden Morgen zeigte er zum regulären Dienstbeginn um 7:30 Uhr seine Arbeitsbereitschaft an.

Einmal wurde er dann nicht mehr eingesetzt, was der Arbeitgeber als unentschuldigten Fehltag wertete. Das andere Mal arbeitete er ab 8:26 Uhr, die Zeit davor galt ebenfalls als unentschuldigt. Entsprechend erhielt er für diese Zeiten keinen Lohn, zudem erhielt er eine Abmahnung.

Mit seiner Klage verlangte der Notfallsanitäter die Nachzahlung des vorenthaltenen Lohns und die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Er sei nicht dazu verpflichtet, sich während seiner Freizeit zu informieren, wann er zu arbeiten habe. Sein Handy habe er lautlos gestellt, um sich seinen Kindern widmen zu können. Er habe die SMS auch nicht gelesen, da sein Handy SMS von einer unbekannten Nummer in einen separaten Ordner verschiebe.

Das LAG gab dem Notfallsanitäter in allen Punkten recht. Zwar übe ein Arbeitgeber mit einer Änderung des Dienstplans sein Direktionsrecht zulässig aus. Die Änderung müsse dem Mitarbeiter aber auch zugehen. Dies habe der Arbeitgeber hier nicht nachgewiesen.

Persönlichkeitsrecht geht vor

Ein Arbeitnehmer müsse während seiner Freizeit nicht erreichbar sein und sei auch nicht verpflichtet, Änderungen des Dienstplans zu prüfen. Selbst über seine Freizeit entscheiden zu können, gehöre zu den „vornehmsten Persönlichkeitsrechten“, so das LAG.

Bei dem Lesen einer dienstlichen SMS oder dem Lesen des Dienstplans im Internet handele es sich um eine „Arbeitsleistung“, zu der der Kläger in seiner Freizeit nicht verpflichtet sei. Nehme er eine Änderung des Dienstplanes während der Freizeit nicht zur Kenntnis, gehe ihm diese formal erst beim nächsten Dienstbeginn zu.

Da der Notfallsanitäter dann seine Arbeitsleistung angeboten hatte, sei der Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet. Die Abmahnung müsse aus der Personalakte entfernt werden. (fl/mwo)

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Az.: 1 Sa 39 öD/22

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Influencer-Marketing für Nahrungsergänzungsmittel

foodwatch beklagt „wilden Westen der Gesundheitswerbung“

EU-Pharma Agenda – Impulse für die Arzneimittelversorgung in Deutschland

Impulse für die Arzneimittelversorgung aus Patientenperspektive

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Carl Billmann, Leiter der Stabsstelle IT, Marketing & Kommunikation bei BillmaMED, Medizinstudent mit dem Berufsziel Dermatologe.

© Doctolib

Interview

„Am Empfang haben wir Stress rausgenommen“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leitartikel

Datenschutz ist zugleich auch Praxisschutz

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Lesetipps
Junger Mann mit Schmerzen im unteren Rückenbereich.

© anut21ng Stock / stock.adobe.com

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lungenkrebs so früh wie möglich erkennen und damit die Heilungschancen erhöhen helfen soll das neue Früherkennungsprogramm, das der G-BA beschlossen hat.

© Sascha Steinach / ZB / picture alliance

Beschluss des G-BA

Lungenkrebs-Screening wird Kassenleistung

Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung