Titelmissbrauch

Psychologe spricht von atypischer falscher Ärztin

Ein Psychologe blickt auf den Fall einer mutmaßlich falschen Ärztin. Ihr Verhalten sei atypisch.

Veröffentlicht:

Fritzlar/Berlin. Der Fall einer mutmaßlich falschen Ärztin mit vier toten Patienten in Nordhessen erstaunt auch Fachleute. „Ich habe keinen Fall vor Augen, der zu so schlimmen Ergebnissen geführt hat“, sagte Peter Walschburger, Professor für Psychologie an der Freien Universität Berlin, der Deutschen Presse-Agentur. Bisherige Fälle zeigten, dass Hochstapler oft auf eine Weise und unter äußeren Bedingungen agierten, dass die Gefahr, entdeckt zu werden, für sie nicht sehr hoch erscheine. Komme es zu verantwortungsvollen Entscheidungen, delegierten sie Aufgaben an Mitarbeiter.

Typisch sei dagegen, dass Betrüger ihre Opfer oft unbekümmert einem Risiko aussetzten. „Hochstapler sind egozentrische, narzisstische Persönlichkeiten“, erklärte Walschburger. Das mache sie allerdings nicht schuldunfähig. Der Arztberuf sei wegen seines hohen Ansehens in der Gesellschaft ein besonders attraktives Ziel für sie.

Dass Kliniken auf die Hochstapler hereinfallen, hält der Psychologe für menschlich nachvollziehbar. Es gebe zwar klare Regeln für die Auswahl verantwortungsvoller Positionen. „Man lässt sich aber unter dem Eindruck eines charmanten Auftritts und eines gefakten Lebenslaufs allzu leicht einlullen.“

Es gebe durchaus Parallelen zu Heiratsschwindlern, die mit ihrer Einfühlungsfähigkeit das Vertrauen ihrer Opfer gewinnen. Es sei menschlich, sympathisch und kompetent wirkenden Menschen einen Vertrauensvorschuss zu geben. Vertrauen sei schließlich „das emotionale Bindemittel unserer Gesellschaft“.

Seit knapp einer Woche sitzt eine 48-Jährige in Untersuchungshaft. Sie hatte von 2015 bis 2018 in der Klinik Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar (Schwalm-Eder-Kreis) als Assistenzärztin gearbeitet und soll ohne Ausbildung Patienten narkotisiert haben. Vier starben, in acht weiteren Fällen sollen Gesundheitsschäden eingetreten sein. Die Ärztekammer Hessen hatte bereits vor einem Jahr Strafanzeige gegen die Frau gestellt. (dpa)

Mehr zum Thema

Krankenhaus-Reformpläne

Fachkräftemangel könnte Umbau der Kliniklandschaft beschleunigen

Stipendium

Oberarzt am UKR erhält Exzellenzstipendium

Das könnte Sie auch interessieren
Verschiedene Gesichter

© Robert Kneschke / stock.adobe.com / generated with AI

Seltene Erkrankungen

GestaltMatcher – Per Gesichtsanalyse zur Orphan Disease-Diagnose

Künstliche Intelligenz gilt auch in der Medizin als Schlüsseltechnologie, mit deren Hilfe zum Beispiel onkologische Erkrankungen stärker personalisiert adressiert werden könnten.

© Kanisorn / stock.adobe.com

EFI-Jahresgutachten 2024 übergeben

KI: Harter Wettbewerb auch in der Medizin

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Tag der Privatmedizin 2023

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert