Verwaltungsgericht Göttingen

Stadt durfte wegen Corona nicht ganzen Gebäudekomplex absperren

Komplette häusliche Ausgangssperre, weil ein Teil der Bewohner positiv auf Corona getestet wurde: Damit ging die Stadt Göttingen nach Ansicht des Verwaltungsgerichts eindeutig zu weit.

Veröffentlicht:

Göttingen. Während der Corona-Pandemie durfte die Stadt Göttingen nicht gleich einen ganzen Gebäudekomplex mit mehreren hundert Bewohnern absperren. Der damit verbundene Eingriff in deren Freiheitsrechte war unverhältnismäßig und vom Infektionsschutzgesetz nicht gedeckt, urteilte jetzt das Verwaltungsgericht Göttingen. Das Gesetz ziele darauf, dass eine Absonderungsverfügung freiwillig befolgt werde.

Die Stadt Göttingen hatte am 18. Juni 2020 verfügt, dass sich die Bewohner eines Gebäudekomplexes bis zum 25. Juni 2020 „häuslich abzusondern“ hätten. Die Bewohner durften ihre Wohnungen nicht verlassen, Außenstehende den Gebäudekomplex nicht betreten. Um die Anordnung durchzusetzen, ließ die Stadt einen Bauzaun um das Gebäude errichten und diesen von Polizisten bewachen.

Kläger waren „negativ“

Hintergrund war eine Reihentestung der Bewohner am 15. und 16. Juni 2020. Dabei erwiesen sich von 668 getesteten Person mehr als 100 als „positiv“. Die Kläger waren bei dieser und auch bei einer nachfolgenden Reihentestung am 20. und 21. Juni 2020 allerdings negativ getestet worden. Mit ihrer Klage wollten sie gerichtlich feststellen lassen, dass die Absperrung und Polizeibewachung rechtswidrig waren.

Dem gab das Verwaltungsgericht Göttingen nun statt. Nicht schon die Absonderungsverfügung, wohl aber der von der Polizei gesicherte Bauzaun habe die Kläger „physisch daran gehindert, das Grundstück ihres Wohnkomplexes zu verlassen“. Dies sei „durch das für Coronamaßnahmen einschlägige Infektionsschutzgesetz nicht gedeckt“. Das Gesetz gehe vielmehr davon aus, dass eine Absonderungsverfügung freiwillig befolgt werde, weil die Betroffenen Einsicht in die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme zeigten.

„Freiheitsentziehende Maßnahme“

Handfestere Maßnahmen bei Verstößen sehe das Gesetz nur für Krankenhäuser oder andere „Einrichtungen“ vor. Eine solche „Einrichtung“ sei der hier abgesperrte Gebäudekomplex aber nicht. „Überdies hätte diese freiheitsentziehende Maßnahme eines richterlichen Beschlusses bedurft, erklärte das Verwaltungsgericht abschließend. Und: „Einen solchen hatte die Stadt nicht erwirkt.“ (mwo)

Verwaltungsgericht Göttingen, Az.: 4 A 212/20

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Aktualisierung der S3-Leitlinie

Früherkennung von Prostatakrebs: Tastuntersuchung vor dem Aus

Lesetipps
Betritt unbekanntes Terrain: CDU-Politikerin und designierte Bundesministerin für Gesundheit Nina Warken.

© Bernd Weißbrod/dpa

Update

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung