Urteil zu Nahrungsergänzungsmitteln

Trotz Histamin-Intoleranz keine Diaminoxidase auf Kasse

Die Kosten für Nahrungsergänzungsmittel müssen gesetzliche Kassen nicht übernehmen – selbst wenn die Mittel medizinisch indiziert sind. Damit wurde die Klage einer Patientin mit Histamin-Intoleranz abgewiesen.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Die Kassen müssen in der Regel die Kosten ihrer Versicherten für Nahrungsergänzungsmittel nicht begleichen.

Nahrungsergänzungsmittel gibt es in Hülle und Fülle. Die Kassen müssen in der Regel die Kosten ihrer Versicherten dafür nicht begleichen.

© picture alliance / Shotshop | Bassi

Celle. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen Nahrungsergänzungsmittel meist auch dann nicht bezahlen, wenn das Mittel im Einzelfall medizinisch indiziert ist. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Celle in einem am Montag bekanntgegebenen Urteil zum Enzym Diaminoxidase entschieden.

Es wies damit eine 50-jährige Frau aus dem Landkreis Osnabrück ab, die an einer Histamin-Intoleranz leidet. Schätzungen zur Häufigkeit dieser Erkrankung reichen von knapp einem bis zu fünf Prozent der Bevölkerung. Als Hormon und Neurotransmitter ist Histamin unter anderem am Immunsystem beteiligt. Es ist in Nahrungsmitteln wie Fisch, Hartkäse, bestimmtem Gemüse und Wein enthalten. Zu viel Histamin wirkt allerdings toxisch, der Körper baut es daher mit Enzymen ab.

Der Klägerin fehlt das am Abbau beteiligte Enzym Diaminoxidase. Sie nimmt dies daher in Kapsel ein, die als Nahrungsergänzungsmittel frei verkäuflich sind. Bei ihrer Krankenkasse beantragte sie, die Kosten zu übernehmen. Die Kasse lehnte dies mit dem Hinweis ab, Nahrungsergänzungsmittel würden generell nicht bezahlt.

Lesen sie auch

Dagegen klagte die Frau. Ohne die Kapseln könne sie fast nichts essen, oder sie habe Vergiftungen mit Beschwerden wie Herzrasen, Übelkeit und Bauchschmerzen. Für die Kostenübernahme müsse es Ausnahmen geben, wenn Nahrungsergänzungsmittel im Einzelfall medizinisch erforderlich sind.

Einzelfallprüfung gesetzlich nicht vorgesehen

Dem ist das LSG Celle nicht gefolgt. Mit wenigen Ausnahmen seien Nahrungsergänzungsmittel als Lebensmittel von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen.

Eine Einzelfallprüfung sehe die Arzneimittelrichtlinie gerade nicht vor. Ausnahmen mache die Arzneimittelrichtlinie nur für Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung. Zu diesen Ausnahmen gehöre das Enzym Diaminoxidase nicht.

„Dabei spielt es auch keine Rolle, dass das begehrte Präparat kostenintensiv ist und bei der Klägerin zu wirtschaftlichen Belastungen führt“, heißt es in dem auch bereits schriftlich veröffentlichten Urteil. Zwar sei die gesundheitliche und finanzielle Lage der Klägerin gut nachvollziehbar. „Gleichwohl wird ein Nahrungsergänzungsmittel durch einen hohen Preis oder eine besondere persönliche Bedarfslage nicht zum Arzneimittel.“

Die Revision ließ das LSG Celle nicht zu, die Klägerin kann hiergegen aber noch Beschwerde beim Bundessozialgericht in Kassel einlegen.

Landessozialgericht Celle, Az.: L 16 KR 113/21

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Urteil

Verfassungsgericht: Triage-Regelung nicht mit Grundgesetz vereinbar

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

© Steffen Kögler / stock.adobe.com

Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Wie kann man Impfskeptiker überzeugen?

Lesetipps
Eine Kinderärztin hält im Rahmen einer Kinderimpfung gegen Meningokokken eine Spritze

© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Neuerungen der STIKO-Impfempfehlungen

Meningokokken: Warum gerade Jugendliche geimpft werden sollten

Eine Ärztin führt eine körperliche Untersuchung bei einem Baby durch.

© Anna Ritter / stock.adobe.com

Sorgfältige Abklärung stets erforderlich

Hämatome bei Säuglingen: Immer Anzeichen für Kindesmisshandlung?