Verkehrsrechtstag

Verbände sind gegen Meldepflicht fahr-ungeeigneter Personen

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Fahrtauglich trotz chronischer Altersbeschwerden? Wie damit umzugehen sei, diskutieren Juristen diese Woche in Goislar.

Fahrtauglich trotz chronischer Altersbeschwerden? Wie damit umzugehen sei, diskutieren Juristen diese Woche in Goislar.

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Goslar Automobilverbände haben sich gegen eine Meldepflicht fahrungeeigneter Personen durch Ärzte ausgesprochen. Es gebe bereits in Ausnahmefällen Möglichkeiten für Ärzte, Hinweise an Fahrerlaubnisbehörden weiterzugeben, teilte etwa der Automobilclub von Deutschland (AVD) anlässlich des Verkehrsgerichtstags mit, der diese Woche von Mittwoch bis Freitag in Goslar stattfindet; das Thema steht diesmal ganz oben auf der Tagesordnung. Der AVD betonte, dass es sich um ein sensibles Thema handele, „das in einer alternden Gesellschaft an Relevanz gewinnt“.

Der Automobilclub ist somit gegen eine Änderung der bisherigen Rechtspraxis. Er befürwortete allerdings die Förderung regelmäßiger freiwilliger Seh- und Reaktionstests oder auch PKW-Sicherheitstrainings. Deren Ergebnisse müssten allerdings vertraulich bleiben, so der AVD. Ohnehin hätten Ärztinnen und Ärzte bereits die Möglichkeit, fahrungeeignete Personen den Behörden zu melden, wenn sie „Gefahr in Verzug“ feststellen. Der AVD bezieht sich dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1968. Demnach dürfen Ärzte in Ausnahmefällen die Schweigepflicht brechen. Dazu müssen sie zuerst den Patienten über seine Erkrankung und die damit verbundenen Gefahren des Autofahrens aufklären.

Ältere unterproportional an Unfällen beteiligt

Untersuchungen zeigten zudem, dass viele ältere Autofahrer und Autofahrerinnen in der Lage seien, auftretende Leistungseinbußen auszugleichen - etwa durch vorsichtigeres Fahren oder Verzicht auf das Fahren bei Dunkelheit oder schlechtem Wetter. „Es überrascht daher nicht, dass Senioren nach der Statistik am Verkehrsunfallgeschehen unterproportional beteiligt sind“, hieß es. Der Verkehrsgerichtstag in Goslar zählt zu den wichtigsten Treffen von Fachleuten für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht in Deutschland. Besonders im Fokus stehen beim diesjährigen Verkehrsgerichtstag unter anderem auch die Themen Haftung bei KI-gesteuerten Autos und Promillegrenzen bei E-Scootern. Der Kongress endet traditionell mit Empfehlungen an den Gesetzgeber.

Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) befürchtet, dass eine Meldepflicht das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten stark gefährde und im Zweifel dazu führe, „dass diese eine behandlungsbedürftige Beeinträchtigung aus Angst vor dem Führerscheinverlust nicht offen schildern“. Zudem gibt der ADAC zu bedenken, dass nicht jeder Befund eindeutig mit Blick auf die Fahreignung sei. Er plädiert deshalb für die Schaffung einer Stelle für verkehrsmedizinische Fragestellungen, bei der Patienten eine zweite Meinung einholen können.

Nicht dem Ermessen des Arztes überlassen

Auch die Verbindung zwischen Fahrerlaubnis und regelmäßigen Untersuchungen lehnt der Automobilclub ab. „Was sollte dabei geprüft werden? Hör- und Sehtests würden nicht ausreichen“, sagte der Leiter der juristischen Zentrale beim ADAC, Markus Schäpe. Es müssten weitere Eigenschaften wie Konzentrationsvermögen oder Reaktionsgeschwindigkeit komplex untersucht werden. Zudem seien etwa in Italien, wo es ein derartiges System gibt, Senioren nicht weniger an Unfällen beteiligt als in Deutschland.

Der Münchener Rechtsanwalt Michael Pießkalla, der zu dem Thema in Goslar referieren wird, meint, es sei schwer zu beurteilen, ab wann eine Meldepflicht gelten solle. „Letztlich kann es meines Erachtens nicht dem Ermessen des Arztes überlassen bleiben, welche Krankheitsbilder er meldet.“ Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sprach sich für eine Beratungsstelle aus, die Ärzte im konkreten Fall zur Seite stünde. Eine solche Stelle könne bei Ärztekammern angesiedelt werden. (dpa)

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