Klinikkarriere - nein, danke!

Von der Facharztprüfung in die Niederlassung

Für die 31-jährige Dermatologin Dr. Stefanie Engels stand eine Krankenhaustätigkeit nie zur Debatte. Mit einer Partnerin gründete sie schon zwei Monate nach der Facharztprüfung eine Praxis.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Dr. Stefanie Engels, Dermatologin, sagt: "Seit ich selbstständig bin, ist das für mich wie eine Befreiung".

Dr. Stefanie Engels, Dermatologin, sagt: "Seit ich selbstständig bin, ist das für mich wie eine Befreiung".

© Dirk Schnack

NORDERSTEDT. Facharztprüfung im November 2012, Niederlassung im Januar 2013: Mit gerade einmal 31 Jahren zeigt Dr. Stefanie Engels, dass die Niederlassung auch für junge Ärztinnen eine Option sein kann.

"Willst Du das wirklich?" Es gab einige Frauen, die Engels das gefragt haben, nachdem sie von ihrer Entscheidung zur Niederlassung gehört hatten.

Wenige Wochen nach ihrer Niederlassung ist die Dermatologin noch immer sicher, sich richtig entschieden zu haben: "Seit ich selbstständig bin, ist das für mich wie eine Befreiung. Ich fühle keine Arbeitsbelastung, es macht mir einfach Spaß."

Die junge Ärztin beschreibt sich selbst als Typ, der sich von anderen Menschen nur ungern sagen lässt, wie er etwas zu machen hat.

"Ich bin unbequem, vielleicht ist die Praxis deshalb besser für mich geeignet als die Klinik", sagt sie. Allerdings sind für die ungewöhnlich frühe Niederlassung auch mehrere Faktoren zusammengekommen.

Investition in die Praxsi schreckte nicht ab

So hat sie schon während der Weiterbildung zwei Jahre Praxisluft erschnuppert. Der Schritt in die Selbstständigkeit war für Engels somit kein Sprung ins ganz kalte Wasser.

Ihre frühere Kollegin und heutige Praxispartnerin Kathrin Higelke hat eine Ausbildung in Ökonomie und in der Verwaltung einer großen Klinik gearbeitet. Diese Kombination hält Engels für die Gemeinschaftspraxis für extrem wertvoll.

Engels selbst hat im Elternhaus vorgelebt bekommen, dass zur Selbstständigkeit auch ein gewisses Risiko gehört. Die Investition in die Praxis schreckte sie nicht ab.

Ob die junge Ärztin auch ohne diese Begleitumstände die Niederlassung so früh gewählt hätte, ist eher unwahrscheinlich. Und sie hat für jede Kollegin, die den Schritt in ihrem Alter noch nicht wagt, volles Verständnis.

Denn wer nicht auf Familie mit Kindern verzichten möchte, gibt sie zu bedenken, hat als angestellte Ärztin einfach mehr Sicherheit und kann das Familienleben gut organisieren.

Sie hat deshalb mit ihrem Mann genau überlegt, ob die Niederlassung zu diesem frühen Zeitpunkt möglich und sinnvoll ist.

Sie haben sich dafür entschieden, weil auch ihr Partner später Elternzeit nehmen könnte, weil sie vergleichsweise früh eine Betreuung in Anspruch nehmen könnten und weil Engels die Möglichkeit hätte, ihre Sprechzeiten in der Praxis etwas zu reduzieren.

In Norderstedt fündig geworden

Dass die beiden Praxispartnerinnen sich gefunden haben, verdanken sie der gemeinsamen Arbeit in einer Kieler Dermatologenpraxis, in der Engels einen Teil ihrer Weiterbildung absolvierte.

"Wir sind beide geradeheraus und sagen, was wir denken. So gibt es zwischen uns keine Konflikte", sagt Engels über ihre Praxispartnerin.

Die gemeinsame Zeit in der früheren Praxis war für sie ausschlaggebend: "Ich hätte mich nie mit jemandem niedergelassen, den ich kaum kenne."

Die Kombination erschien beiden so optimal, dass Higelke schon ein halbes Jahr früher in die Selbstständigkeit ging und Engels als Assistenzärztin angestellt hätte, wenn sie die Facharztprüfung nicht bestanden hätte. Higelke suchte gezielt nach einer Gemeinschaftspraxis, während Engels ihre Facharztprüfung ablegte.

In Norderstedt wurden sie fündig: zwei männliche Kollegen suchten Nachfolger - einer aus Altersgründen, den anderen zog es an die Westküste. Der Patientenandrang hat unter dem Wechsel nicht gelitten.

"Viele Frauen finden das gut. Wir haben viel Zuspruch", sagt Engels. Ihr fällt es leicht, für die Praxis auf eine Klinikkarriere zu verzichten. Denn um die zu verfolgen, hätte sie nach ihren Erfahrungen extrem viel Arbeitszeit in die Forschung investieren müssen.

"Und es herrscht harte Konkurrenz - darauf hatte ich keine Lust", sagt sie.

Jungen Kolleginnen will sie dennoch nicht uneingeschränkt zur Niederlassung als Vertragsärztin raten, sondern rät, sich auf das Bauchgefühl zu verlassen: "Wer Ängste und Zweifel hat, sollte den Schritt lieber noch nicht wagen."

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