Geköderte Patienten

Wie Preisdumping zum Doktorproblem wird

Preiswerbung liegt bei Ärzten im Trend. Doch Sonderpreise sind meist gesetzeswidrig und rufen die Wettbewerbshüter auf den Plan. Dabei gibt es zahlreiche Urteile, an denen sich Kollegen orientieren können.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:
Marktschreierische Werbung über den Preis bleibt auch nach den Lockerungen des Heilmittelwerbegesetzes für Ärzte problematisch.

Marktschreierische Werbung über den Preis bleibt auch nach den Lockerungen des Heilmittelwerbegesetzes für Ärzte problematisch.

© Izabela Habur / iStockphoto

BAD HOMBURG. Die Ärztewelt sei bunt geworden, sagte Rechtsanwältin Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, auf dem Gesundheitsrechtstag in Bad Homburg.

In Rabatt-Webportalen wie Groupon, aber auch in Tageszeitungen oder sonstigen Medien gebe es immer mehr Angebote, mit denen Ärzte versuchten, den Eindruck einer besonderen Preisgünstigkeit zu erwecken.

Offensichtlich habe die Lockerung des Werbeverbots bei vielen Ärzten zu der Annahme geführt, dass ihnen auch Preiswerbung erlaubt sei. Tatsächlich aber stoße sie auf rechtliche Grenzen.

Die Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte (GOÄ und GOZ) gelten grundsätzlich auch für nicht medizinisch indizierte Selbstzahlerleistungen wie Zahnreinigung, Laserbehandlungen am Auge oder Schönheitsoperationen.

Daher verstoßen Zahnärzte, Augenärzte oder Schönheitschirurgen, die Preise unterhalb der Gebührenordnung oder Pauschalpreise ausloben, gegen Paragraf 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), der die Zuwiderhandlung gegen gesetzliche Vorschriften sanktioniert.

Keine Pauschalpreise

Seit Anfang 2011 hat die Wettbewerbszentrale 115 Fälle von Ärzte-Rabattofferten auf Discount-Websites verzeichnet. Ein Rückgang der Fallzahlen ist trotz etlicher Urteile gegen die Discount-Angebote laut Köber nicht zu erkennen.

Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Internetportal "2te Zahnarztmeinung" könnten sich Ärzte, die ihre Kollegen unterbieten wollen, nicht berufen.

Denn dort wird nicht mit Rabatten oder Pauschalpreisen geworben, vielmehr stellen Zahnärzte Kostenschätzungen ein. Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale bergen ausgelobte Preisnachlässe auch ein gewisses Irreführungspotenzial.

Pauschalpreise sind nach GOÄ und GOZ nicht möglich, daher könnten Ärzte in ihrer Werbung nicht auf einen Pauschalpreis Bezug nehmen (Beispiel: Augenlaserbehandlung für 999 Euro statt 4200 Euro).

Ein im Angebot enthaltener Hinweis, dass man nach Gebührenordnung abrechne, schütze nicht vor juristischen Folgen, da dies lediglich als Feigenblatt diene.

Bisher liegen nur erstinstanzliche Urteile zur ärztlichen Preiswerbung vor, wie die Juristin erläuterte.

Meist hätten die Gerichte einen Verstoß gegen die Gebührenordnung und damit gegen Paragraf 4 Nr. 11 UWG bejaht und deshalb weitere Verstöße gegen das UWG, etwa wegen unangemessenen oder unsachlichen Einflusses, nicht geprüft.

Auch Werbung mit kostenlosen Leistungen kann gegen geltendes Recht verstoßen, wie Köber weiter erläuterte. So vertrat das Oberlandesgericht Celle die Auffassung, der von einer Klinik angebotene kostenlose Venencheck stelle eine verbotene Zuwendung dar (Az.: 13 U 167/11).

Am besten den Ball flach halten

Das Landgericht Nürnberg-Fürth untersagte einem niedergelassenen Arzt die Zeitungswerbung mit "kostenloser und unverbindlicher" Fachberatung zu Falten und Körperformung (Az.: 1 HK O 10043/11).

Das Oberlandesgericht München beanstandete die von einem Arzt kostenlos offerierte Beratung über Schönheitsoperationen (Az.: 6 U 1575/08, 6 U 2160/08).

Und das Landgericht Koblenz untersagte es einem Zahnarzt, Patienten mit kostenloser Luxushotelunterbringung in seine Filialpraxis in Oman zu locken (Az.: 15 O 176/11).

Ebenfalls rechtlich problematisch sind für Ärzte Verlosungen. Nach Einschätzung von Juristin Köber können Gerichte hier zwar auch einmal zugunsten der werbenden Ärzte entscheiden, wenn es um wenig riskante Behandlungen wie etwa Zahnreinigungen geht.

Anders könne es jedoch bei Eingriffen mit medizinischen Risiken ausgehen. Das Landgericht Hamburg hatte einer Klinikgruppe verboten, auf Facebook Augenlaserbehandlungen zu verlosen (Az.: 406 HKO 101/12).

Die Teilnehmer sollten "den originellsten Spruch" und "den besten Grund" für eine Laserbehandlung einsenden. Laut Urteil verstieß die Klinikgruppe damit gegen Paragraf 11 Absatz 1 Nr. 13 des Heilmittelwerbegesetzes, wonach außerhalb der Fachkreise für Behandlungen nicht mit Preisausschreiben und Verlosungen geworben werden darf.

Das Gericht hatte dabei hervorgehoben, dass auch solche Laserbehandlungen Risiken aufweisen könnten. Köbers Rat: Ärzte sollten bei ihrer Werbung "den Ball flach halten".

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