Verordnungssteuerung

Zukunftsmusik in Nordrhein

Während in anderen KVen noch Richtgrößen durch Wirkstoffquoten abgelöst werden, macht man sich in Nordrhein schon Gedanken über indikationsspezifische Versorgungsverträge.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. Die Einbeziehung der Arzneimittelverordnungen in indikationsbezogene Versorgungsverträge wäre ein sinnvolles Instrument, um eine rationale und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung im ambulanten Bereich zu gewährleisten. Das sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Dr. Frank Bergmann auf einer Fachtagung des Bundesverbands Managed Care Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Bergmann sieht die Versorgungsverträge als Alternative oder zumindest als Ergänzung zu der Verordnungssteuerung über Durchschnittsgrößen und Durchschnittswerte. "Ausschließlich statistisch orientierte Aufschläge werden uns nicht weiterführen, sondern sinnlose und nicht an der Versorgung orientierte Fragen aufwerfen". Klar ist für den KVNo-Vorsitzenden, dass die Kostenverantwortung für die Arzneimitteltherapie nicht bei den Ärzten liegen kann. "Wie können Verordner Verantwortung in einem System übernehmen, in dem an vielen Stellschrauben gedreht wird?" Ärzte könnten sich nicht mit den Preisen der Arzneimittel auseinandersetzen, wohl aber mit der Frage der indikationsgerechten Verordnung. "Deshalb brauchen wir in Zukunft eine gute Informations-Matrix." Sie sei auch notwendig, damit innovative Arzneimittel mit guter Wirksamkeit sich schneller als bisher am Markt durchsetzen, so Bergmann.

Milliardenschwere Einsparungen

Die Vertragsärzte hätten in der Vergangenheit den Krankenkassen milliardenschwere Einsparungen bei umstrittenen Arzneien und der Umstellung auf Generika ermöglicht, betonte der Ehrenvorsitzende der KV Hessen Dr. Jürgen Bausch. "Diese Zitrone ist ausgepresst." Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Verordnungssteuerung ein Prozess ist, den man anstoßen und begleiten muss. "Er funktioniert nicht wie ein Lichtschalter oder eine rote Ampel." Das Bundesgesundheitsministerium und der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) wären gut beraten, die Implementierung des Arztinformationssystems zu den GBA-Nutzenbewertungsbeschlüssen nicht mit Hinweisen zur Wirtschaftlichkeit zu überfrachten. "In jedem Einzelfall einer Arzneiverordnung eines in Deutschland zugelassenen Arzneimittels zur Lösung eines Patientenproblems trägt der Arzt die Verantwortung für den richtigen therapeutischen Weg". Dabei könne er sich irren oder unwirtschaftlich handeln. Bausch: "Aber man kann ihm seine ärztliche therapeutische Entscheidung nicht abnehmen."

Die Krankenkassen und die KVen in Nordrhein und Westfalen-Lippe (KVWL) setzen bei der Verordnungssteuerung auf die Orientierung an Leitsubstanzen und einem Ampelsystem. Das ist für KVWL-Vorstand Thomas Müller der richtige Weg, um den Ärzten eine sinnvolle Arzneimittel-Therapie ohne Angst vor einem Regress zu ermöglichen. "Damit haben wir einen Riesenschritt gemacht, um die Niederlassung wieder attraktiver zu machen", sagte er.

Selbstverwaltung überfordert?

Für Dirk Ruiss, Leiter des Ersatzkassenverbands vdek in Nordrhein-Westfalen, stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die Arzneimittel-Versorgung unbedingt ein komplexes System der Steuerung benötigt. "Ich behaupte, dass wir uns mit den ganzen Instrumenten wund steuern." Er hält eine Überprüfung der einzelnen Instrumente für wichtig, um zu sehen, ob sie überhaupt noch ihren eigentlichen Zweck erfüllen und ob sich manche nicht gegenseitig konterkarieren. Ruiss ist überzeugt: "Die ganze Steuerung macht dann keinen Sinn, wenn wir die Preispolitik nicht in den Griff bekommen." Hier steht seiner Meinung nach die Politik in der Verantwortung. "Die Debatte über die Preise, die gesteuert werden müssen, kann man nicht der Selbstverwaltung überlassen."

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