Gesetzliche Krankenversicherung
Verhärtete Fronten mit den Ländern: Warkens Sparpaket wandert in den Vermittlungsausschuss
Es sah nach Einigung in letzter Minute aus: Länder hatten kurzfristig ein Kompromissangebot zum Krankenkassen-Sparpaket vorgelegt, der Bund reagierte während der Sitzung – am Ende votierte eine Bundesratsmehrheit für den Vermittlungsausschuss.
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Schlechte Nachricht für die Versicherten? Der Bundesrat hat am Freitag entschieden, das geplante GKV-Sparpaket von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken in den Vermittlungsausschuss zu schicken.
© Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Berlin. Showdown in der Länderkammer: Der Bundesrat hat sich am Freitag mit Mehrheit dafür ausgesprochen, im Streit um das Sparpaket für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Höhe von zwei Milliarden Euro den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Dem Votum in der Länderkammer war über Wochen ein sich eskalierender Konflikt zwischen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) und Ländern und Verbänden vorausgegangen.
Die Bemühungen um Deeskalation waren mit heißer Nadel gestrickt. Die ganze Tagesordnung des Bundesrates war von dem Konflikt gekennzeichnet. Abgestimmt wurde erst ganz am Ende der Sitzung, nachmittags um 15.00 Uhr, mehr als vier Stunden nach der Aussprache.
Eine mögliche Kompromisslinie hatten zuvor die Länder Hessen, Bayern und Thüringen in einem Antrag skizziert. Ihr Fokus: Die langfristigen finanziellen Belastungen der Krankenhäuser durch das Sparpaket. Die Aussetzung der Meistbegünstigungsklausel sollte in seinen Auswirkungen auf das Jahr 2026 beschränkt bleiben, also nicht „basiswirksam“ für die folgenden Jahre werden.
Deutscher Krankenhaustag
Gesundheitsministerin Warken bleibt beim Krankenhaus-Sparpaket hart
Damit wäre auch vermieden worden, dass das Sparpaket negative Effekte auf die Landesbasisfallwerte für 2027 und Folgejahre gehabt hätte. Anderenfalls würde sich die „Unterfinanzierung in den Folgejahren fortsetzen, weil der zu geringe Landesbasisfallwert 2026 die Ausgangsbasis für die Vereinbarung des Landesbasisfallwerts 2027“ darstellt, hieß es in der Begründung des Vorschlags.
Zur Erinnerung: Im kommenden Jahr büßen die Krankenhäusern durch die fehlende Meisbegünstigung 1,8 Milliarden Euro ein. Beim Deutschen Krankenhaustag hatte DKG-Vorstand Dr. Gerald Gaß vorgerechnet, aufgrund der basiswirkamen Effekte des Sparprogramms würden sich die Effekte in fünf Jahren auf neun Milliarden Euro addieren: „Das Geld verschwindet aus dem System.“
Lucha beklagt „Taschenspielertrick“
Entsprechend angespannt war die Stimmung bei der Aussprache im Saal. Die Gereiztheit ergibt sich auch aus dem Vorgehen der Bundesregierung, das Sparpaket in den Anhang des mit breitem Lob versehenen Gesetzes zur „Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ zu packen.
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) spricht von einem „schweren Schlag“ und einem „Taschenspielertrick“. Diana Stolz (CDU), Gesundheitsministerin in Hessen, beklagt, Krankenhäuser hätten im Transformationsprozess jetzt „weniger Stabilität, weniger Sicherheit“.
Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) ergänzte, er hätte sich „ein ausgewogeneres Tableau von Einsparungen gewünscht“.
Gesetzliche Krankenversicherung
Streit ums Sparpaket: Warken warnt Länderkollegen vor Blockade
BMG-Staatssekretär Dr. Georg Kippels (CDU) – Ministerin Nina Warken (CDU) war nicht anwesend – machte deutlich, die Bundesregierung arbeite an einer Protokollerklärung in Reaktion auf den Ländervorschlag, die dem Bundesrat „eine Perspektive für die Zustimmung zu diesem Gesetz ermöglicht“.
Kippels: Kassen geht Zeit verloren
Kippels warnte die Länder vor der Anrufung des Vermittlungsausschusses. Die Krankenkassen benötigten ein klares Signal, dass sie sich auf die Maßnahmen aus dem Paket verlassen können.
Denn durch den Vermittlungsausschuss würden den Kassen Zeit verloren gehen, die sie bei der Aufstellung der Haushalte nicht haben, so Kippels. Doch offenbar war die „Perspektive“ aus Sicht der Länder nicht ausreichend.
Warken sagte in Reaktion auf die Abstimmung, dies sei ein „schlechtes Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Diese Entscheidung wirft einen Schatten auf das gemeinsame Ziel, die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung insgesamt auf ein stabiles Fundament zu setzen.“
Die Gegenposition vertrat Thüringens Gesundheitsministerin Katharina Schenk: „Die GKV steht unter Druck – aber die Antwort kann nicht sein, die Krankenhäuser weiter zu schwächen. Wir dürfen die verlässliche Finanzierung der Krankenhäuser und die Beitragsstabilität der GKV nicht gegeneinander ausspielen“, so die SPD-Politikerin.
GKV-Chef Blatt: Politisches Trauerspiel
Vertreter der Krankenkassen reagierten enttäuscht bis verärgert: Der Vize-Chef beim AOK-Bundesverband, Jens Martin Hoyer, sagte, man stehe jetzt wieder „an dem Punkt, an dem wir vor der Ankündigung des kleinen Sparpaketes waren: Es gibt keine verlässliche Basis für die Finanzplanung der Krankenkassen im kommenden Jahr.“
Der Chef beim GKV-Spitzenverband, Oliver Blatt, sprach von einem „Trauerspiel“. Nicht einmal das „kleine Sparpaket“ habe die Politik abschließend entscheiden können.
Die Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands Deutschland, Bernadette Rümmelin, erklärte dagegen, die Länder hätten die Bundesregierung in der Krankenhauspolitik „auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt“. Die Kliniken dürfen nicht länger als „Sparschwein der Nation“ herhalten. Es bestehe nun die Chance, ein Entlastungspaket zu schnüren, das Lasten auf mehrere Schultern verteile. (fst/hom)










