Was beim Nichtraucherschutz schief läuft

Mehr Schutz vor Passivrauchen hatte Deutschland schon 2003 mit der Unterzeichnung einer WHO-Konvention angekündigt. Doch in manchen Gegenden sind rauchfreie Kneipen auch heute nur schwer zu finden. Beim Nichtraucherschutz gleicht Deutschland einem Flickenteppich.

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So sieht das deutsche Plakat zum Welt-Nichtrauchertag 2011 aus.

So sieht das deutsche Plakat zum Welt-Nichtrauchertag 2011 aus.

© ABNR

BERLIN (hub/dpa). Nichtraucherschutz ähnelt in Deutschland nach Ansicht von Gesundheitsorganisationen einem Flickenteppich. Aus Anlass des Welt-Nichtrauchertages am 31. Mai fordern sie deshalb eine bundesweit einheitliche Regelung.

"In den 16 Bundesländern gibt es 16 unterschiedliche Gesetze", beklagte Gerd Nettekoven von der Deutschen Krebshilfe bei einer Veranstaltung in Berlin. Das sei ineffektiv.

Erst jüngst hatte eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) ergeben, dass vier von fünf Kneipen in Deutschland nach wie vor verraucht sind. Nur in Bayern und im Saarland ist das Rauchen in Gaststätten generell verboten. Die meisten Ausnahmeregelungen gibt es in Nordrhein-Westfalen (NRW).

In 80 Prozent der Kneipen wurde geraucht

Forscher des DKFZ hatten rund 3000 Gastronomiebetriebe in den Innenstädten von Düsseldorf, Hannover, Kiel, Mainz, Magdeburg, Schwerin, Stuttgart und Wiesbaden sowie von Berlin und München aufgesucht: In 80 Prozent der Kneipen und Bars und 90 Prozent der Spielhallen wird weiter gequalmt. Oft wird gegen Auflagen verstoßen.

Besonders deutlich wird dies in NRW: Von den gesetzlich erlaubten Rauchergaststätten ist nicht einmal jede zehnte gesetzeskonform. Am häufigsten wird gegen die Kennzeichnungspflicht verstoßen (78 Prozent) und bei deutlich mehr als jeder zweiten Rauchergaststätte (60 Prozent) fehlt der Hinweis "Zutritt erst ab 18 Jahren". Obwohl gesetzlich untersagt, werden in mehr als jeder zweiten Rauchergaststätte selbst zubereitete Speisen angeboten (55 Prozent).

Düsseldorf eine Rauchermetropole

Etwas besser sieht es in Bezug auf Raucherräume in NRW aus, allerdings ist nur etwas mehr als jeder vierte Raucherraum gesetzeskonform (29 Prozent). Mit 53 Prozent der häufigste Verstoß: Der Raucherraum ist nicht als solcher gekennzeichnet.

Düsseldorf habe sich als Rauchermetropole unter den Landeshauptstätten erwiesen, schreibt das DKFZ. Hier gebe es nicht nur die meisten Raucherkneipen, sondern auch die meisten Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht.

Besonders dramatisch ist die Situation in Diskotheken. Mit Ausnahme von Bayern und dem Saarland ist es in den meisten Bundesländern möglich, einen Nebenraum für Raucher in Diskotheken einzurichten. Die Tanzfläche muss allerdings rauchfrei bleiben.

Dass die Realität jedoch anders aussieht, hat die Verbraucherzentrale NRW durch Testbesuche in Diskotheken ermittelt: Lediglich drei von 50 Diskotheken sind demnach rauchfrei, in 34 gibt es eine Raucherzone, die nur unzureichend vom Nichtraucherbereich abgetrennt ist. In vielen Fällen wurde auch auf der Tanzfläche geraucht.

Acht Prozent der untersuchten Restaurants waren Rauchergaststätten

In den Speisegaststätten sieht es zwar besser aus - hier darf nur in manchen Bundesländern und mit Ausnahmeregelung geraucht werden. Doch: "Acht Prozent aller untersuchten Restaurants waren faktisch Rauchergaststätten", so die DKFZ-Forscher.

Ihr Fazit: "Wer abends ein Bier trinken will, muss vielerorts lange suchen, wenn er nicht zum Passivrauchen gezwungen werden will."

Vor allem die Mitarbeiter dieser Gaststätten hätten unter den Ausnahmeregelungen zu leiden, kritisiert das Aktionsbündnis Nichtrauchen. Dies sei zweitklassiger Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

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