Sinnvoll oder destabilisierend
Therapieabbau bei stabiler RA?
Ein Therapieabbau kann eine sinnvolle Strategie sein, wenn drei Voraussetzungen eingehalten werden – eine mindestens sechsmonatige stabile Remission vorliegt, der Wunsch des Patienten die Basis bildet und weiterhin eine zuverlässige Überwachung erfolgt.
Veröffentlicht:STUTTGART. Im Praxisalltag ist es keine Seltenheit, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) nach einer längeren Phase der Beschwerdefreiheit unter der Therapie den Wunsch äußern, diese zu beenden. Nebenwirkungen oder eine Aversion gegen Medikamente sind meist der Grund. Für den behandelnden Arzt wirft das die Frage auf, ob er gefahrlos ein stabiles System ändern kann beziehungsweise ob er damit eine Destabilisierung heraufbeschwört.
Diese Sorge konnte Professor Klaus Krüger, Praxiszentrum St. Bonifatius, München, beim DGRh-Kongress weitestgehend zerstreuen. Es sei allerdings wichtig, einige Regeln einzuhalten. Prinzipiell sei die Frage des Therapieabbruchs aufgrund der heutigen effektiven Therapien, aber auch der Kosten der Biologika, eine durchaus relevante, zu der es inzwischen eine Reihe von Studien gebe. Keine habe bisher einen nachteiligen Effekt auf den Langzeitverlauf nach Therapieabbau ergeben, so Krüger. Ein komplettes Absetzen aller Medikamente sei aber meist nicht möglich, so Krüger. Das Absetzen der Biologika zog in Studien fast immer einen Flare nach sich, der aber in fast allen Fällen durch erneuten Einsatz der Biologika bzw. erneute Volldosierung zur raschen und vollständigen Krankheitskontrolle führte.
Individuelle Entscheidung
Prinzipiell seien drei Fragen zu klären – das Warum, Wann und Wie. Als Grund für eine Therapiedeeskalation kann laut Krüger nur der Wunsch des Patienten gelten. Die durch eine Biologika-Deeskalation erzielte Kostenersparnis dürfe nur ein positiver Nebeneffekt sein. In diesem Sinne müsse der Therapieabbau eine individuelle, medizinische und gemeinsam mit dem Patienten getroffene – und dokumentierte – Entscheidung sein und bleiben.
Der Zeitpunkt, an dem über eine Deeskalation der medikamentösen Therapie nachgedacht werden könne, sei erreicht, wenn seit mindestens sechs Monaten eine stabile klinische Remission besteht. Idealerweise sollte zusätzlich mittels Powerdoppler sonografisch eine Restaktivität ausgeschlossen werden. Die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Therapieabbaus ist um so größer, je kürzer die Krankheitsdauer war, je geringer die Krankheitsaktivität zu Beginn war und je schneller eine Remission erzielt wurde, so Krüger. Zudem ist es von Vorteil, wenn die Patienten nicht seropositiv waren, das heißt keinen Rheumafaktor und keine Antikörper gegen citrullinierte Protein-Antikörper (ACPA) aufgewiesen haben – so das übereinstimmende Ergebnis der Studien zum Thema Therapieabbau.
Entscheidend für den Erfolg ist die Reihenfolge des Ausschleichens der Medikamente. Glukokortikoide sollten als erstes abgesetzt werden. Dies ist in Übereinstimmung mit der aktuellen EULAR-Leitlinie, die Steroiden eine Rolle in der Initialtherapie der RA zuweist, nach 3-6 Monaten aber bis auf Ausnahmen ein Ausschleichen mit komplettem Absetzen empfiehlt. Die Empfehlung der EULAR, unter den DMARD (Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs) erst die Biologika auszuschleichen, sei dagegen nicht evidenzbasiert und eher ökonomischen Überlegungen zuzuschreiben, so Krüger. Dieses Vorgehen entspreche nicht dem Wunsch der Patienten, die Methotrexat (MTX) als erstes absetzen möchten. Hierfür sprechen auch mehrere Studien und Daten des niederländischen DREAM-Registers, die zeigen konnten, dass MTX ohne Wirkverlust vor Biologika abgesetzt werden kann. Krüger riet, die Entscheidung individuell gemeinsam mit dem Patienten zu treffen.
Cave: Off-label-Therapie
Beim Ausschleichen der Biologika sei zu beachten, dass es sich bei einer Dosisreduktion oder Intervallverlängerung zumindest bei den subkutanen Anwendungen um eine Off-label-Therapie handele. Ein Regress sei aber nicht zu befürchten.