Schlechte Chefs

Kranke auf der Abschussliste?

Einer aktuellen Befragung unter Führungskräften in Deutschland zufolge würde sich rund jeder fünfte Manager gerne von Mitarbeitern trennen, die häufiger krank sind.

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Ärger mit dem Chef programmiert?

Ärger mit dem Chef programmiert?

© Bernd_Leitner / fotolia.com

DÜSSELDORF. Rund ein Drittel aller deutschen Führungskräfte schickt seine Mitarbeiter auch bei einer ernsten Erkrankung nicht nach Hause. 17 Prozent sagen, von häufig kranken Mitarbeitern sollte man sich trennen.

Und knapp jeder zehnte Manager hält ein individuelles Prämiensystem bei wenigen Krankheitstagen für ein geeignetes Steuerungsinstrument. Das sind einige Ergebnisse einer gemeinsamen Umfrage der Personalberatung LAB & Company und der Hochschule Coburg.

Aber auch mit ihrer eigenen Gesundheit gehen die Manager schonungslos um: 58 Prozent von ihnen würden laut Studie auch mit einer mittelschweren Erkältung zum Job kommen, weitere 29 Prozent von daheim arbeiten.

381 von 1500 angefragten Managern mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von mehr als 100.000 Euro haben sich laut LAB & Company an der Umfrage beteiligt.

"Die Anwesenheit am Arbeitsplatz gilt in Deutschland noch immer als Leistungs- und Karrierekriterium - auch, wenn das zu Lasten der eigenen Gesundheit geht", sagt Eberhard Nöfer, Professor für Soziale Arbeit und Gesundheit an der Hochschule Coburg.

Dazu passe, dass 63 Prozent der Manager sagen, in ihrem Unternehmen würden Führungskräfte mit besonders langen Arbeitszeiten bevorzugt befördert.

12-Stunden-Schichten gehören zum Alltag

Dies habe aber nicht zwingend mit einem Anwesenheitswahn zu tun, kommentierten viele Umfrageteilnehmer. "Ohne Zwölf-Stunden-Schichten ist das Pensum nicht mehr zu schaffen", sagte einer der Befragten. Ein anderer: "Gute Ergebnisse hängen meist mit der Bereitschaft zu mehr Zeiteinsatz zusammen."

"Das Leistungssystem frisst seine Kinder", kommentiert Klaus Aden, Geschäftsführender Gesellschafter von LAB & Company.

"Hier ist angesichts der demografischen Entwicklung und der Notwendigkeit zu längeren Lebensarbeitszeiten bei gleichzeitig abnehmender individueller Leistungsfähigkeit ein Umdenken erforderlich."

Befragt wurden die Führungskräfte laut LAB & Company auch nach organisatorischen Möglichkeiten, den Krankenstand und damit die Kosten zu senken. 81 Prozent hätten angegeben, ein systematisches Gesundheitsmanagementsystem könne helfen, 72 Prozent sähen in der Verbesserung des Betriebsklimas eine Möglichkeit.

Hingegen befürworteten 17 Prozent eine Trennung von häufig kranken Mitarbeitern. Und 9 Prozent hielten individuelle Prämien bei wenigen Krankheitstagen für geeignet.

"Wir waren von den Umfrageergebnissen erschrocken. Offenbar ist die Bereitschaft, die eigene Gesundheit und die seiner Mitarbeiter als übergeordnetes und auch betriebswirtschaftlich wertvolles Gut anzusehen, in Deutschland schwach ausgeprägt", sagt Gesundheitsexperte Nöfer.

"Am Ende zahlt die Gesellschaft die Zeche für die steigende Zahl der Burn-out-Fälle, Frühpensionierungen und für eine abnehmende Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft", warnt Aden. (eb)

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