Umfrage aus Deutschland
Wie Hausärzte mit der Anfrage nach Suizidassistenz umgehen
Die Gründe, aus denen Patienten um Suizidassistenz bitten, sind inzwischen mehr und mehr erforscht. Der Frage, wie Ärztinnen und Ärzte mit diesem ausgesprochenen Wunsch umgehen, hat sich ein Team des Universitätsklinikums Jena angenommen.
Veröffentlicht:
Wie beratet man Patientinnen und Patienten, die mit der Anfrage nach Suizidassistenz in die Praxis kommen? Ein Thüringer Ärzteteam verortet hier noch einige Unsicherheit unter Ärzten. (Symbolbild)
© Alexander Raths / stock.adobe.com
Jena. Auch wenn es als selten gilt, kann es in der Hausarztpraxis vorkommen, dass Patienten oder Patientinnen nach Suizidassistenz fragen. Erste Ergebnisse der HAPASS-Studie geben nun Einblicke in den Umgang der Ärztinnen und Ärzte mit den Anliegen und Wünschen ihrer Patientinnen und Patienten.
Luise Farr vom Universitätsklinikum Jena stellte die Inhalte in ihrem Vortrag beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin vor.
Insgesamt nahmen 19 Hausärzte und Hausärztinnen an der Befragung teil. Fünf von ihnen hatten eine zusätzliche Ausbildung als Palliativmediziner. Die Teilnehmenden wiesen im Durchschnitt rund 25 Jahre Berufserfahrung auf.
Die anfragenden Personen litten häufig an Krebs, altersassoziierten oder chronischen internistischen Erkrankungen.
Von Ablehnung bis Begleitung
Louisa Farr berichtet von vier verschiedenen Vorgehensweisen der befragten Ärzt:innen, um auf die Anfrage einer Suizidassistenz zu reagieren.
Dabei waren sowohl die individuelle Situation als auch die eigene Einstellung ausschlaggebend. Es konnte auch eine gewisse Dynamik zwischen den vier Reaktionsmöglichkeiten beobachtet werden.
Ablehnung: Ärzte, die ablehnend reagierten, beriefen sich entweder auf ein Verbot und fehlende Handlungskonzepte oder konnten aufgrund ihrer Werte nicht auf den Wunsch der fragenden Person eingehen. Auch Angst und Überforderung wurden als Gründe genannt.
Suche und Behandlung der Ursachen: Ärzte und Ärztinnen, die auf das Interesse an der Suizidassistenz mit der Suche und Behandlung der Ursachen reagierten, interpretierten dieses meist wie einen Hilferuf, berichtet Farr. Daraus resultierte eine intensivere Begleitung der Patienten in Form von neuen Therapien oder Therapieanpassungen. Die Erfahrungen der Ärzte und Ärztinnen waren hier unter anderem, dass viele Patienten Abstand vom Sterbewunsch nahmen.
Empowerment: Wer mit Empowerment reagierte, sah den Beratungsaspekt im Zentrum. Dies konnte beispielsweise darin bestehen, Kontakte zu Sterbehilfeorganisationen zu vermitteln oder auf die Möglichkeit des sogenannten Sterbetourismus, also des Reisens in andere Länder, um dort assistierten Suizid zu suchen, hinzuweisen, so Farr.
Bereitschaft: Eine Bereitschaft der Hausärzte und Hausärztinnen stellte sich in der Regel erst nach langem und intensivem Kontakt mit den Patientinnen und Patienten ein. Schlussendlich kam es hier zu einer Beratung bezüglich der Verfügbarmachung von Medikamenten. Einmal erfolgte auch eine Begleitung.
Häufig suchten die teilnehmenden Ärzte einen kollegialen Rat oder Austausch zur eigenen Einstellung sowie Validierung. Auch der Austausch über emotionale Belastungen wurde gesucht. Zudem wurde immer wieder von (berufs-)rechtlichen und praktischen Unsicherheiten berichtet. Selten wurde die Anfrage als direkter Handlungsauftrag verstanden.
Die Patienten, die um Suizidassistenz baten, wurden überwiegend als gebildete, reflektierte und finanziell gut situierte Personen beschrieben.