Weniger Plaques im Hirn

A fish a day keeps Alzheimer's away

Meeresfische sind zwar reich an Quecksilber. Trotzdem hat eine fischreiche Ernährung für das Gehirn wohl mehr Vor- als Nachteile. Alzheimer tritt dann seltener auf. Zumindest bei Menschen mit dem Alzheimer-Risiko-Allel ApoE4.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Lecker sieht das Fischgericht auf dem Teller aus - und offensichtlich kann es auch das Risiko senken, an Alzheimer zu erkranken.

Lecker sieht das Fischgericht auf dem Teller aus - und offensichtlich kann es auch das Risiko senken, an Alzheimer zu erkranken.

© Leonid Nyshko / fotolia.com

CHICAGO. Meeresfische enthalten zum einen wertvolle, für das Gehirn wichtige ungesättigte Fettsäuren, aber andererseits auch das Nervengift Quecksilber.

Daher stellt sich mancher die Frage, ob er dem Gehirn tatsächlich etwas Gutes tut, wenn er viel Fisch ist.

Immerhin ging in Studien ein hoher Fischkonsum mit einer erniedrigten Demenzrate einher, wobei sich nicht eindeutig sagen lässt, ob das nun tatsächlich an den Fischen liegt oder an einem insgesamt gesünderen Lebensstil.

Alzheimerrate fast halbiert

Ernährungswissenschaftler um Martha Clare von der Rush University in Chicago haben mit einem anderen Ansatz versucht, den Fisch-Demenz-Zusammenhang besser zu entschlüsseln: Sie konnten von verstorbenen Teilnehmern des prospektiven Memory and Aging Projects (MAP) die Gehirne untersuchen.

Darin fahndeten sie zum einen nach den pathologischen Markern für eine Alzheimerdemenz, also Plaques und Fibrillen, zum anderen bestimmten sie den Quecksilbergehalt in temporalen und mitfrontalen Regionen, die bei Alzheimer besonders betroffen sind.

Schließlich schauten sie, wie häufig die Verstorbenen in den Jahren vor ihrem Tod Fisch gegessen hatten. Solche Ernährungsdaten waren vor dem Tod der MAP-Teilnehmer regelmäßig erhoben worden.

Insgesamt konnten sie die Gehirne von 286 Teilnehmern unter die Lupe nehmen, die im Alter von 90 Jahren gestorben waren. Zwei Drittel waren Frauen, 23% trugen das ApoE4-Allel. Ernährungsdaten waren im Mittel in den viereinhalb Jahren vor dem Tod erfasst worden.

Wie sich zeigte, war die Quecksilberkonzentration im Gehirn umso höher, je häufiger die Teilnehmer vor dem Tod Fisch gegessen hatten.

Zugleich ließ sich bei hohem Fischkonsum (mehr als einmal pro Woche) seltener eine Alzheimerpathologie nachweisen, dies war jedoch nur bei Teilnehmern mit dem ApoE4-Allel evident, bei ihnen konnten die Forscher eine Neurofibrillen-Pathologie zu 23% und eine Plaque-Pathologie zu 31% seltener beobachten als bei Fischverächtern mit dem Risiko-Allel.

Eine Alzheimerdemenz nach pathologischen Kriterien trat sogar um 47% seltener auf. Bei Teilnehmern ohne ApoE4 zeigte sich bei regelmäßigem Fischkonsum hingegen kein Vorteil.

Macht Selen das Quecksilber unschädlich?

Ein ähnliches Bild ergab sich, wenn die Forscher um Clare den Gehalt an langkettigen Omega-3-Fettsäuren wie DHA und EPA aus der Nahrung berechneten. Solche Fettsäuren stammen überwiegend aus Fischen.

Auch hier zeigte sich ein günstiger Zusammenhang nur bei den ApoE4-Trägern - je mehr solcher Fettsäuren sie vor dem Tod konsumiert hatten, umso seltener war eine Alzheimerpathologie zu beobachten.

Dagegen gab es keinerlei Zusammenhang zwischen dem Konsum von Fischen, Meeresfrüchten, den entsprechenden Fettsäuren und Makroinfarkten oder Lewy-Körperchen.

Ein hoher Konsum von Alpha-Linolensäure - einer pflanzlichen, kurzkettigen Omega-3-Fettsäure - ging wiederum mit einer geringeren Rate an pathologisch nachweisbaren Infarkten einher, und zwar unabhängig vom ApoE4-Status.

Was lässt sich also aus den Daten schließen? Erstens: Wer viel Fisch isst, muss sich offenbar wenig um das Quecksilber sorgen. Zwar steigt dann die Konzentration des Schwermetalls im Gehirn, es hat dort aber keine nachweisbare neurodegenerative Wirkung. Möglicherweise liegt das am hohen Selengehalt der Meeresfische. Selen kann die Wirkung von Quecksilber neutralisieren.

Zweitens: Viel Fisch scheint zumindest bei ApoE4-bedingtem hohem Alzheimerrisiko etwa zu nützen. Ob das auch bei Personen ohne das Allel der Fall ist, lässt sich nicht sagen, höchstens vermuten. Da bei den Personen ohne dieses Allel das Demenzrisiko deutlich geringer ist, wäre auch der Nutzen durch den Fischkonsum in absoluten Zahlen deutlich geringer und kann in einer derart kleinen Studie wohl nicht nachgewiesen werden.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Blick in die Zukunft

Alzheimertherapie 2.0: Neue Strategien gegen Beta-Amyloid

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Abb. 1: a) Verlauf einer Gruppe unbehandelter Personen, b) 5-Jahres-Daten der SUNFISH-Studie Teil1, c) Teil2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Therapie der 5q-assoziierten SMA

Risdiplam-Filmtabletten: flexiblere Anwendung im Alltag

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Arzt untersuch das Knie eines Patienten

© gilaxia / Getty Images / iStock

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Für die Einarbeitung sollten Neulinge eine feste Ansprechpartnerin im Team haben. (Motiv mit Fotomodellen)

© Manu Reyes / Stock.adobe.com

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten