Bei Risikopatienten setzt Kollege lieber gleich auf ein Coxib

MÜNCHEN (wst). Die Furcht vor einem iatrogenen kardiovaskulären Ereignis ist kein Grund, Coxibe zurückhaltender als konventionelle NSAR zu verordnen. Und auch der Preisvorteil von NSAR relativiert sich, wenn sie zum Magenschutz mit einem Protonenpumpenhemmer kombiniert werden müssen.

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Bei der Langzeitanwendung erhöhen NSAR und Coxibe das relative Risiko für einen Herzinfarkt in gleichem Ausmaß um 30 bis 50 Prozent. Darauf hat der niedergelassene Orthopäde Dr. Hermann Schwarz aus Freudenstadt bei der Einführungsveranstaltung für das neue Coxib Lumiracoxib (Prexige®) in München hingewiesen. Nur war diese unerwünschte Wirkung bei den klassischen NSAR mangels ausreichend langer Studien verdeckt geblieben, bestätigte Professor Kay Brune von der Universität Erlangen-Nürnberg bei der Veranstaltung von Novartis.

Aus Angst vor unerwünschten kardiovaskulären Wirkungen in der täglichen Praxis weitgehend auf NSAR oder Coxibe zu verzichten, sei keine Alternative. In der Nutzen-Risiko-Abwägung stünden auf der einen Seite entzündliche Gelenkbeschwerden, die sonst kaum in den Griff zu bekommen sind. Und auf der anderen Seite stünde eine Zunahme des kardiovaskulären Risikos, wie sie durch ein bis zwei mehr gerauchte Zigaretten pro Tag oder eine Differenz des mittleren Blutdrucks um 5 mmHg bedingt wird, so Schwarz.

Der Vorteil der Coxibe im Vergleich zu NSAR bei der gastrointestinalen Verträglichkeit sei unumstritten, sagte der Orthopäde. NSAR müssen mit einem Protonenpumpenhemmer (PPI) kombiniert werden, um gastrointestinal ähnlich verträglich wie ein Coxib zu werden. Damit gehe der Preisvorteil weitgehend verloren. Und die Patienten müssen eine Tablette mehr einnehmen.

Bei einem Alter über 65 Jahren, Ulkus oder gastrointestinalen Blutungen in der Anamnese, eine gleichzeitige Therapie mit Kortikosteroiden oder Antikoagulantien besteht ein hohes gastrointestinales Risiko bei einer NSAR-Monotherapie. Dann setzt Schwarz lieber auf ein Coxib als die Kombination NSAR plus PPI.

Gut dokumentiert und in der Begründung gestützt auf die aktuellen Empfehlungen der EULAR (European League against Rheumatism) und der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft halte man damit jeder Wirtschaftlichkeitsüberprüfung stand, ermutigte Schwarz die Kollegen.

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