Nitratbelastung

Drohen bald "Reparaturkosten" für Trinkwasser?

Beim Kochen und Duschen verlassen sich alle auf sauberes und gesundes Trinkwasser - doch das gibt es nicht zum Nulltarif. Können strengere Düngeregeln für die Bauern mögliche Mehrkosten noch unnötig machen?

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Klares Trinkwasser ist teuer.

Klares Trinkwasser ist teuer.

© Fotimmz / Fotolia

BERLIN. Wenn sie zu Hause den Wasserhahn aufdrehen, denken wohl die wenigsten Bundesbürger an Riesenställe und Güllewagen auf den Feldern. Dabei hängt es auch mit den ausgebrachten Mengen an Mist und Mineraldünger zusammen, wie rein das Trinkwasser ist - und wie teuer für Versorger und die Endkunden. Umweltschützer und die Branche warnen schon länger vor happigen Mehrkosten, wenn die Nitratbelastung nicht bald heruntergeht und größeren Aufwand nötig macht. Nun mahnt das Umweltbundesamt (UBA): "Vorsorge ist billiger als Reparatur."

Was ist das Problem?

Für die Wassergewinnung in Deutschland ist Grundwasser mit einem Anteil von mehr als 60 Prozent das wichtigste Reservoir. Dabei sind zu hohe Nitratwerte kein flächendeckendes Problem. Kritisch ist es aber häufig in Regionen, in denen viele Tiere gehalten werden und viel Obst und Gemüse angebaut wird. Angesichts langer Zeitspannen, in denen sich Grundwasser erneuert, kämen mancherorts sogar erst jetzt "Sünden" systematischer Überdüngung seit den 1970er Jahren zutage, erläuterte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft.

Wie wird gegengesteuert?

Versorger setzen schon jetzt auf Schutzvorkehrungen, um Belastungen zu vermeiden. Dazu gehören Prämien für Bauern für gewässerschonende Fruchtfolgen oder bestimmte ungenutzte Flächen. Aufwändiger ist es, Brunnen zu vertiefen oder gleich ganz zu verlegen. In Wasserwerken kann außerdem belastetes mit unbelastetem Wasser vermischt werden. Solche Methoden lösen das Problem aber nicht, sondern schieben alles nur auf, wie das UBA warnt. Mancherorts könnte es daher nötig werden, das Wasser eigens zu reinigen, wofür es verschiedene Methoden gibt.

Was kostet das?

"Nitrat aus dem Wasser zu entfernen, ist teuer", erläuterte das Bundesamt und rechnete in einer Studie verschiedene Szenarien hoch. In betroffenen Regionen könnte eine Extra-Wassernachbereitung die Kosten um 55 bis 76 Cent je Kubikmeter treiben. Zugrundegelegt wurde dabei, den Grenzwert von 50 Milligramm je Liter mit unterschiedlich großem "Sicherheitsabstand" zu unterschreiten. Und eine praktische Umrechnung präsentierten die Experten gleich mit: Eine vierköpfige Familie könnte dadurch bis zu 134 Euro pro Jahr draufzahlen.

Wie geht es weiter?

Gerade erst sind - nach jahrelangem Gezerre - strengere Regeln in Kraft getreten. "Der Dünger muss bei den Pflanzen ankommen, aber nicht im Grundwasser", sagt Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU). Vorgesehen sind etwa Stickstoff-Obergrenzen, längere Zeiten mit Düngeverboten und größere Abstände zu Gewässern. "Wichtig sind jetzt eine konsequente Umsetzung und verstärkte Kontrollen in den betroffenen Regionen", mahnt UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Dabei zahle sich Vorsorge auch volkswirtschaftlich aus, argumentiert die Studie. So dürften die strengeren Düngeregeln Landwirte bis zu 112 Millionen Euro mehr kosten. Nachträgliche Nitratreinigung schlüge dagegen womöglich mit bis zu 767 Millionen Euro pro Jahr zu Buche. (dpa)

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Kommentare
Horst Grünwoldt 14.06.201713:13 Uhr

Übertreibungen

Umweltverbände, Ökofunktionäre und sogar das bürokratische Umweltbundesamt, dramatisieren regelmäßig das Nitrat-Problem im Trinkwasser. Dafür werden vor allem unsere Ackerbauern beschuldigt. Ohne den wertvollen organischen Tierdünger "Gülle", der reich an den essentielllen Pflanzen-Nährstoffen Stickstoff und Phosphor ist, würde aber nicht das Brotgetreide Weizen und Roggen auf unseren Feldern so ertragsreich sprießen! Und wir könnte auch nicht unseren Beitrag zu "feed the world" liefern.
Allerdings sollten die Landwirte vielleicht mal darüber nachdenken, vor dem Austrag des stinkenden Flüssigen -wie im Zeitalter der Einstreu-Tierhaltung- das Getreidestroh nicht zu verbrennen, sondern als vorgeschalteten, gepressten Filter zur absorbierenden Phosphor- und nitrifizieren Nitrat-Matte zu verwenden. Damit dürfte sich vermutlich die anflutende Nährstoff-Fracht auf dem Acker strecken lassen, und die Monsanto-Pestizide zur Unkrautbekämpfung würden auch noch überflüssig.
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt (FTA für Hygiene), Rostock
Natürlich darf die Flüssig-Düngung erst dann erfolgen, wenn die Vegetationsphase schon auf dem Acker im Gange ist, und die Pflänzchen danach dürsten. So nimmt das feine Wurzelwerk das Nitrat und Phosphat zum starken Wachstum auf. Bei angemessener Dosierung dürfte die Versicherung bis in den Grundwasser-Horizont minimal sein.
Vielmehr wird der wasserlösliche NO3-Überschuß spätestens im anaeroben Bodenbereich durch die Anaerobier-Bakterien zu dem luftflüchtigen N2O (Lachgas) reduziert. Das gleiche passiert schon in einem modernen Klärwerk im Abklingbecken, wenn der Durchlauf zum Vorfluter (Fluß) nicht zu schnell erfolgt. Das überschüssige Phosphat wird sowieso im boden angereichert oder im Klärschlamm ausgefällt.
Allerdings dürften die manschmal hohen Meßwerte an Nitrat im langsam wandernden Grundwasserhorizont noch aus Zeiten stammen, in denen es noch keine dreistufigen Klärwerke gab, oder die Düngung nach der Methode "Viel hilft viel" stattfanden.

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