Darmkrebs-Früherkennung

Ein Brief wirkt Wunder

Ein Schreiben zum 55. Geburtstag hilft im Kampf gegen Darmkrebs: Jeder zweite Versicherte nimmt das Angebot eines immunologischen Stuhltests, das in dem Brief unterbreitet wird, an. Die hohe Teilnahmequote macht die Initiatoren des "Aktionsbündnisses Darmkrebs" stolz.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Erst wenn der Stuhltest positiv ausfällt, wird den Versicherten empfohlen, eine Koloskopie durchführen zu lassen.

Erst wenn der Stuhltest positiv ausfällt, wird den Versicherten empfohlen, eine Koloskopie durchführen zu lassen.

© Preventis GmbH

KÖLN. Viele Menschen, die eine Koloskopie zur Darmkrebsfrüherkennung scheuen, lassen sich mit einer gezielten Einladung zu anderen Formen der Vorsorge motivieren.

Das zeigt die Zwischenbilanz des "Aktionsbündnisses Darmkrebs" der Betriebskrankenkassen. Das Angebot eines immunologischen Stuhltests wird von vielen Versicherten angenommen.

An dem Projekt, das am 1. Juli 2012 angelaufen ist, beteiligen sich rund 50 Betriebskrankenkassen. Sie schreiben ihre Versicherten zum 55. Geburtstag an und schicken ihnen mit den Glückwünschen eine Einladung zur Koloskopie.

Reagieren die Geburtstagskinder nicht, empfehlen die Kassen einen immunologischen Stuhltest. Ihn legen sie auch den 50- bis 54-Jährigen ans Herz. Die Kassen übernehmen die Kosten des Verfahrens.

Rücklaufquote bei knapp 54 Prozent

Die Aktion steht unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Partner sind die Felix Burda Stiftung, die Stiftung Lebensblicke, das Netzwerk gegen Darmkrebs, der Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen (bng) und die "Ärzte Zeitung".

Bis Ende April hatten fast 40.000 Versicherte einen Stuhltest angefordert, die Rücklaufquote lag bei 53,9 Prozent. Während sonst bei Vorsorgeuntersuchungen die Frauen die Nase vorn haben, ist das Geschlechterverhältnis hier ausgewogen.

Die Anforderungsquote ist bei den 55-Jährigen genauso groß wie bei den 50- bis 54-Jährigen. 5,7 Prozent der Tests waren bislang positiv. Diesen Versicherten wird empfohlen, schnellstmöglich eine Koloskopie durchführen zu lassen.

"Die hohe Teilnahmequote macht uns ein bisschen stolz", sagt Manfred Puppel, Vorstand des BKK-Landesverbands Nordwest, der das Projekt initiiert hat.

Die Resonanz auf die Aktion zeige, dass die persönliche Einladung geeignet ist, Menschen zur Krebsvorsorge zu motivieren. "Es gelingt offensichtlich, die Versicherten zum Nachdenken zu bringen."

Puppel hofft, dass die beteiligten Kassen das Projekt, das ursprünglich bis Ende Juli laufen sollte, fortsetzen und dass sich weitere Kassen anschließen. "Unser Ziel muss sein, das Verfahren zur Normalität weiterzuentwickeln", sagt Puppel.

Koloskopie nach positivem Stuhltest

Auch Dr. Arno Theilmeier vom bng bewertet die mit den Anschreiben erzielte Rücklaufquote von rund 50 Prozent positiv. Sie entspreche den Erfahrungen aus anderen Regionen und unterstreiche die Bedeutung gezielter Einladeverfahren.

"Wir dürfen bei diesem Erfolg allerdings nicht stehen bleiben", betont der Gastroenterologe aus Mönchengladbach. Entscheidend sei, dass die Patienten mit einem positiven Stuhltest auch tatsächlich koloskopiert werden.

Darüber liefert die Evaluation des Projekts durch das Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie an der Universitätsklinik Essen (IMIBE) bislang aber nur eingeschränkte Erkenntnisse.

Das Institut erhält nur Informationen über Darmspiegelungen, zu denen die Ärzte dem Unternehmen Care diagnostica einen anonymisierten Fragebogen zugesandt haben. Das sind bislang zehn Prozent.

"Eine solche Teilnahmerate wäre eine Katastrophe", so Theilmeier. Er geht davon aus, dass die tatsächliche Quote viel höher liegt, unter anderem, weil viele Ärzte und Patienten die Datenlieferung an ein Unternehmen nicht wünschen.

Abfrage bei den beteiligten Kassen

Um die tatsächliche Teilnahme besser zu erfassen, werde das Institut demnächst eine Abfrage bei den beteiligten Kassen machen, kündigt Projektleiterin Dr. Claudia Pieper vom IMIBE an.

Dabei geht es um die Erhebung der abgerechneten Stuhltests bei den 50- bis 54-Jährigen und der Abrechnung von Stuhltests und Koloskopien bei den 55-Jährigen. "Mit diesen Daten haben wir eine andere Bewertungsgrundlage", sagt Pieper.

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