Forschung

Ein Hustenlöser als Zellschutz?

Krebsforscher haben herausgefunden, wie der als Hustenlöser bekannte Wirkstoff Acetylcystein Zellen vor oxidativen Belastungen schützt. Von einer prophylaktischen Einnahme raten sie aber ab.

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Neue Forschungserkenntnisse: Wissenschaftler am DKFZ fanden heraus, über welchen Mechanismus  Acetylcystein antioxidativ wirkt. (hier nur Symbolbild)

Neue Forschungserkenntnisse: Wissenschaftler am DKFZ fanden heraus, über welchen Mechanismus  Acetylcystein antioxidativ wirkt. (hier nur Symbolbild)

© Cakeio / Getty Images / iStock

HEIDELBERG. Acetylcystein – eingesetzt vor allem in rezeptfreien Hustenlösern, aber auch als Antidot bei Paracetamol-Vergiftungen – wird allgemein eine zellschützende und antioxidative Wirkung zugeschrieben. Die Substanz senkt den Spiegel zelleigener Oxidantien und mildert die giftige Wirkung oxidierender Fremdstoffe. In der experimentellen biomedizinischen Forschung ist Acetylcystein deshalb eines der am häufigsten verwendeten Antioxidantien. Der eigentliche Mechanismus, der diese Eigenschaft erklären würde, blieb trotz aller experimentellen Befunde jedoch weitgehend unklar. So konnte die ursprüngliche Annahme, dass die Wirkung von Acetylcystein auf einer direkten Reaktion mit Oxidantien beruht, nicht bestätigt werden.

Forscher am Deutschen Krebsforschungszentrums haben nun diese Wissenlücke offenbar schließen können und präsentieren eine ganz neue Erklärung für die antioxidative und zellschützende Wirkung von Acetylcystein. Ihren aktuell publizierten Untersuchungen zufolge (doi:10.1016/j.chembiol.2018.01.011) wird die Substanz in der Zelle rasch in Schwefelwasserstoff und Persulfide – vor allem in Mitochondrien – mit Hilfe zweier spezifischer Enzyme umgewandelt. So ahmte eine Behandlung von Zellen mit synthetischen Persulfiden die antioxidative Wirkung des Acetylcysteins nach, und das schon bei niedrigen Konzentrationen, wie das DKFZ berichtet. "Persulfide binden an Proteine und schützen diese, vermutlich indem sie die Oxidation auf sich lenken, ähnlich wie ein Blitzableiter", erklärt Tobias Dick, Leiter der Studie, in der DKFZ-Mitteilung.

Die Wissenschaftler warnen allerdings davor, Acetylcystein nun zum Zellschutz als Nahrungsergänzungsmittel dauerhaft und in hoher Dosierung einzunehmen. Denn auch Tumorzellen könnten von dem Zellschutz profitieren. So hätten schwedische Krebsforscher schon vor einigen Jahren gezeigt, dass die dauerhafte Gabe von Acetylcystein bei Mäusen das Tumorwachstum und die Metastasierung fördern kann. (eb)

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