Erfolgreiche Laborexperimente

Herz-Bypässe aus dem Biodrucker

Ein Hoffnungsschimmer für Bypass-Patienten: Kieler Forscher haben einen neuen 3D-Biodrucker entwickelt, um damit feine Blutgefäße für Bypass-Implantate zu erzeugen.

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Koronararterienstenose: Bei etwa 20 Prozent der Patienten, die eine Bypass-Operation benötigen, sind keine geeigneten körpereigenen Gefäße vorhanden.

Koronararterienstenose: Bei etwa 20 Prozent der Patienten, die eine Bypass-Operation benötigen, sind keine geeigneten körpereigenen Gefäße vorhanden.

© Rasi / stock.adobe.com

Frankfurt/Main. Bypass-Operationen sind ja längst Routineeingriffe. Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen, die eine Bypass-Operation benötigen, sind jedoch keine geeigneten körpereigenen Gefäße vorhanden, teilt die Deutsche Herzstiftung mit.

„Besonders schwerwiegend ist dieses Problem bei Patienten, die sich einem erneuten Eingriff unterziehen müssen“, wird der Gefäßchirurg Dr. Rouven Berndt in der Mitteilung zitiert. „Viele Patienten bringen auch Venenerkrankungen wie Krampfadern mit, sodass wir nicht genug Material haben, um alle Engstellen zu behandeln.“

Ein weiteres Problem: Fast die Hälfte der Venenbypässe sind nach circa zehn Jahren verengt oder verschlossen. Werden bei einer PAVK die Arterien des Beckens und der Beine mit einem Bypass aus Kunststoff überbrückt, sind diese bei bis zu 40 Prozent der Betroffenen nach drei bis fünf Jahren erneut verstopft.

Druckkopf erzeugt Schlauch aus körpereigenen Zellen

Angesichts dieser Defizite hat Berndt, Oberarzt an der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, mit einem Team aus Medizinern, Biologen und Ingenieuren jetzt den Prototypen eines 3D-Biodruckers entwickelt.

Mit dem neuartigen Gerät gelingt es, feine Blutgefäße zu erzeugen, heißt es in der Mitteilung der Herzstiftung. Für dieses Projekt hat Berndt die von der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF) finanzierte Dr. Rusche-Forschungsförderung in Höhe von 53.000 Euro erhalten.

„Der von uns entworfene Druckkopf kann einen Schlauch aus körpereigenen lebenden Endothel- und Muskelzellen drucken“, sagt der Gefäßchirurg und Leiter des Projektes. Die hauchdünnen flachen Endothelzellen kleiden die Gefäße von innen aus, und die darüber liegenden Muskelzellen sorgen dafür, dass sich Gefäße zusammenziehen und weiten können. Das sind wichtige Eigenschaften, die dafür sorgen, dass Bypässe lange bestehen und offenbleiben, so Berndt.

Der erzeugte Schlauch habe die erforderliche dünne Gefäßwand und einen Durchmesser von vier bis sechs Millimeter. Gerade die Herstellung von vergleichsweise kleinen künstlichen Bypässen sei in der Herz- und Gefäßchirurgie immer ein Heiliger Gral, so Berndt, da die meisten Materialien nicht geeignet erscheinen und es zu frühzeitigen Verschlüssen kommen kann. In Laborexperimenten hätten sich die gedruckten Gefäße bereits bewährt. Erste Ergebnisse würden in Kürze veröffentlicht.

Ziel: Gedruckte Gefäße auch für andere Empfänger

Der von den Forschern entwickelte Prototyp des Biodruckers soll nun von einem Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrt industriell hergestellt werden. Denn bisherige kommerziell verfügbare Biodrucker seien zum Beispiel nicht in der Lage, Gefäß-Transplantate in der für Bypässe häufig erforderlichen Gesamtlänge von 30 bis 40 Zentimetern zu erzeugen, heißt es in der Mitteilung.

Ein weiteres Ziel: Blutgefäße sowohl für eine Bypass-Op des Zellspenders zu drucken als auch für andere Empfänger. „Verschiedene Zelllinien kann man genetisch so verändern, dass sie bestimmte Merkmale und Eigenschaften nicht entwickeln“, erklärt Berndt, „und so nicht als körperfremd erkannt werden.“ (eb/ikr)

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